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Meinung: Pflege: Es hakt an allen Ecken und Enden

Zum Interview mit Bundesgesundheitsminister Rösler (FDP) vom 6. Dezember Ja, es stimmt: Der Pflegenotstand hat uns bereits erreicht.

Zum Interview mit Bundesgesundheitsminister Rösler (FDP) vom 6. Dezember

Ja, es stimmt: Der Pflegenotstand hat uns bereits erreicht. Es mehren sich z.B. die verzweifelten Anrufe von Krankenhaussozialdiensten, die einen Patienten nicht entlassen können, weil sie keinen Pflegedienst mehr für die Anschlussbehandlung finden. Und es stimmt auch: Es sind die Pflegefachkräfte, die fehlen.

Erstaunlich ist allerdings, dass kaum ein Politiker darauf verzichtet, seine Ahnungslosigkeit oder Neigung zur Desinformation dadurch zu dokumentieren, dass er in diesem Zusammenhang den Mindestlohn erwähnt: Pflegefachkräfte wurden schon immer deutlich oberhalb des jetzt festgesetzten Mindestlohns bezahlt; aber sie verdienen zu wenig, als dass sich genug junge Menschen entscheiden würden, sich als Pflegefachkraft examinieren zu lassen und vor allem: langfristig im Pflegeberuf zu arbeiten.

Ein Zweites: Was sollen das denn für „Tätigkeiten sein, die mit der Pflege am Menschen nichts zu tun haben“ und Pflegehilfskräften übertragen werden sollen? Die Begrüßung oder die paar Minuten, um sich die Äußerungen über den sinkenden Lebensmut anzuhören und ein paar aufmunternde Worte zu sprechen? Wenn über Pflegedienste geklagt wird, dann nicht zuletzt deshalb, weil Pflegefachkräfte sich hierfür tatsächlich keine Zeit mehr nehmen können. Stagnierende Entgelte für Pflegeleistungen führen unweigerlich zur Leistungsverdichtung.

Ein Letztes: Die Verhandlungen über die Verbesserung der Pflegetransparenzvereinbarung (PTV) sind nicht allein daran gescheitert, dass zwei kleine Verbände zu den Basteleien an der Oberfläche Nein gesagt haben. Die übrigen Mitglieder der Selbstverwaltung haben sich bislang ebenfalls nicht verständigen können (ich war dabei), was Herr Rösler in seinem Interview verschweigt. – „Aussagen, ob das Verfahren tatsächlich Pflegequalität misst, sind nicht möglich.“ (Zitat aus dem Evalutationsbericht zur PTV) – „Die Transparenzberichte täuschen den Verbraucher.“ (SG Münster: Urteil S 6 P 111/10 vom 20.08.2010) Mit dieser Fundamentalkritik setzen sich weder die Pflegekassen noch der Medizinische Dienst der Krankenkassen noch der überwiegende Teil der Leistungserbringerverbände bei ihren Verhandlungen auseinander, weil nur schnell irgendein Überarbeitungsergebnis präsentiert werden soll.

Hanfried Wiegel-Herlan, Vorstandsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft Hauskrankenpflege e. V., Berlin-Lichtenrade

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