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Pier Luigi Bersani:: „Wir sind die offenste Partei der Welt“

Er galt als Apparatschik, jetzt hat Pier Luigi Bersani die besten Chancen, Premier von Italien zu werden. Ein Porträt.

Pier Luigi Bersani, der 61-jährige Chef der italienischen Linksdemokraten, hat die parteiinternen Vorwahlen gewonnen. Er ist damit nicht nur Spitzenkandidat des „Partito Democratico“ (PD) für die Parlamentswahl im Frühjahr. Allen Umfragen nach wird Bersani auch neuer Regierungschef.

Und jetzt wird alles anders. Bisher hat man in Bersani den Apparatschik gesehen, den Bewahrer einer verknöcherten Nomenklatur. Der 37-jährige Bürgermeister von Florenz, Matteo Renzi, ist gegen diese Strukturen angetreten; das Parteivolk indes hat sich gegen Experimente entschieden. Und jetzt stellt sich Bersani als der große Erneuerer dar. „Raum für die Jugend“ kündigt er an, und: „Wir sind die offenste Partei der Welt.“

Bersani, Sohn eines Tankwarts, stammt aus der Po-Ebene. In der Abschlussarbeit seines Philosophiestudiums hat er sich mit Papst Gregor dem Großen (590-604) beschäftigt; sein Vorbild ist ein anderer Papst: Johannes XXIII., der ab 1962 mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil die Modernisierung der Kirche eingeleitet hat.

Trotz aller Päpste: Seine politische Karriere begann Bersani bei der ultralinken Arbeiterbewegung; bis heute befleißigt er sich eines arbeiternah gemeinten, ruppigen Tonfalls. Er stieg auf in der Kommunistischen Partei und machte alle ihre Wandlungen bis zur Sozialdemokratie mit. Spindoktoren lässt Bersani nicht an sich heran. Er will sich keiner berlusconisierten Fernsehdemokratie anpassen, seine Biederkeit soll „authentisch“ wirken: Ein Mann aus dem Volk will er sein, ein seriöser Arbeiter, der „keine Märchen erzählen“ will.

Minister – für Infrastruktur, Industrie und Wirtschaft – war Bersani unter Romano Prodi und Massimo D’Alema schon dreimal für jeweils etwa zwei Jahre; länger hat noch keine linke Regierung durchgehalten. Seine Fans sagen, Bersani habe seit seinem Beginn als Parteichef 2009 die zerstrittene Partei geeint. Nach außen ist davon eher wenig gedrungen.

In den Vorwahlen ist der Partito Democratico merklich nach links gerückt; die ultralinken, verhärteten Gewerkschaften loben Bersani – das aber verschreckt die Wähler der Mitte, um die Bersani kämpfen muss. Und nachher will jede Strömung im Sammelsurium des PD, von den alten Christdemokraten bis zu den Kommunisten, ihren Platz in der Regierung. Bersani mag die Vorwahl gewonnen haben – ob er die Partei in der Regierung zusammenhalten kann, weiß niemand.

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