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Überstanden. Mit geschlossenen Augen lässt sich Kurt Beck von seinen Koalitionskollegen im Landtag von Rheinland-Pfalz beklatschen.

© dapd

Pleite am Nürburgring: Kurt Beck: Kümmerer oder Zocker?

Den Misstrauensantrag der CDU hat der rheinland-pfälzische Ministerpräsident gut überstanden. Dennoch: Die Politik von Kurt Beck ist ein Lehrstück über Subventionen und Schulden.

Kurt Beck hat gewonnen. Er hat den Misstrauensantrag der CDU wie erwartet problemlos überstanden, die rot-grünen Abgeordneten in Rheinland-Pfalz stehen geschlossen hinter ihm. Es kann weitergehen mit Beck, der seit über 18 Jahren regiert. Es kann aber auch weitergehen mit einem Lehrstück über scheinbar gut gemeinte Politik, die am Ende auf Schulden gebaut ist. Hier steckt die viel größere Gefahr für die politische Reputation des Ministerpräsidenten, und die ist ihm eigentlich wichtig. Beck will die Gefahr nur nicht sehen, auch das könnte noch lehrreich werden.

Die Pleite am Nürburgring ist womöglich keine peinliche Ausnahme, kein kleiner Fehler unter großartigen anderen Leistungen, wie es die SPD in Rheinland-Pfalz sieht. Die wegen politischer Blindheit insolvent gegangene Nürburgring GmbH ist ein Warnsignal für eine vielleicht doch nicht so kluge und alternativlose Subventionspolitik, wie Beck sie mit Hinweis auf das an Industrie arme Bundesland betreibt. Ehemalige Minister aus Becks zahlreichen Kabinetten geben heute zu, dass er den Grenzen zur riskanten Schuldenmacherei nur allzu oft sehr nahe kommt.

Es mag in der Natur der Sache liegen – oder auch in den Genen des alten bundesrepublikanischen Wohlfahrtsstaates –, dass man große Infrastrukturprojekte mit öffentlichen Geldern subventioniert und Unternehmen damit anlockt. Machen ja alle! Das hat auch Rheinland-Pfalz getan, in der Eifel, in der Pfalz, am Hunsrück. Überall, wo Neues entstand, wurde Geld aus dem Landeshaushalt hineingegeben. Und wenn keines da war, wurden eben Kredite aufgenommen.

Video: Beck übersteht Misstrauensantrag

Die Flughäfen Zweibrücken und Hahn, der Nürburgring, die Hafengesellschaften, Forschungsinstitute, Stadtbäder oder Technologiezentren – geht man die Liste landeseigener Unternehmen durch, so sind in den aktuellen Bilanzen fast überall hohe Verbindlichkeiten vermerkt. Das Argument der staatlichen Investoren in Mainz lautet: Strukturpolitik braucht Zeit, das wird schon, das werden Erfolge. So hat es Beck bis zur Wiederwahl am Nürburgring verkündet, so hat er es beim Flughafen Hahn gesagt.

In Zeiten, in denen weltweit Staaten und Finanzinstitutionen ins Wanken geraten, weil man einfach alle Risiken auf die Zukunft verschoben hat, muss man sich auch als kleiner Landesvater fragen lassen: Bin ich noch seriös oder zock’ ich schon? Das Steuergrab am Nürburgring wurde just in der Zeit gegraben, als auch Kurt Beck begann, die internationalen Finanzspekulanten zu beschimpfen.

Beck hat viele Ganztagsschulen gebaut und vorbildliche Kitas, er hat Eltern und Studierende befreit von Kindergarten- und Universitätsgebühren, und wenn ein renommiertes Unternehmen ein Forschungsprojekt sponserte, sponserte Mainz eben auch noch ein nagelneues Gebäude dazu. Beck wurde so zum Kümmerer, auch ein Weg, „nah bei de Leut’“ zu sein. Manche Fachhochschule ist nur auf sein persönliches Drängen hin entstanden. Immer getreu dem Motto: Wir müssen doch was tun für die Menschen.

Aber die Menschen, für die der Sozialdemokrat vorgibt etwas zu tun, sind in Rheinland-Pfalz erstens sehr wenige und zweitens haben sie nun laut Rechnungshof eine 28 Prozent höhere Pro-Kopf-Verschuldung als in anderen Flächenländern. Bei den Gesamtschulden ist Rheinland-Pfalz Mittelfeld in Deutschland, aber es könnte bergab gehen, wenn weitere Vorzeigeprojekte wie der Flughafen Hahn scheitern sollten oder die EU-Kommission in ihren zahlreichen Prüfverfahren gegen das Land wegen des Verdachts auf Beihilfeverstöße hohe Geldstrafen verhängen sollte.

Der Rechnungshof, dem die SPD hinter vorgehaltener Hand immer Parteinähe zur CDU vorwirft, hat auch ohne solcherlei Katastrophen für 2020 einen Schuldenstand von rund 46 Milliarden Euro prognostiziert, zurzeit sind es knapp 34 Milliarden. Beck wird nicht mehr Ministerpräsident sein, die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse für alle Länder wird dann aber aktiv. Und die Menschen, für die Kurt Beck Politik macht, werden die Schulden zurückzahlen müssen.

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