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Meinung: Politisches Gerichts-TV: Die SPD will Kohls Befragung im Fernsehen übertragen

Parlamentarische Untersuchungsausschüsse leiden immer wieder an einem Strukturproblem. Sie sind Richter und Befangene in einer Person.

Parlamentarische Untersuchungsausschüsse leiden immer wieder an einem Strukturproblem. Sie sind Richter und Befangene in einer Person. Zwar gelten die Ausschüsse als die schärfste Waffe des Parlaments, wenn es gilt Missstände zu untersuchen, aber die Mehrheiten sind im gleichen Proporz vertreten wie im Parlament. Neben das Interesse, Tatsachen zu ermitteln und Misstände zu untersuchen, tritt also das Interesse, den Ausschuss in erster Linie für die propagandistische Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner zu nutzen.

Der Untersuchungsausschuss, der seit Monaten versucht, das Finanzgebaren der CDU zu durchleuchten, hat sich bislang schwer damit getan, Tatsachen zu ermitteln. Vielleicht ist das der Grund, warum der Ausschuss-Vorsitzende Volker Neumann von der SPD bei der nächsten Vernehmung des Christdemokraten Helmut Kohl die Live-Übertragung im Fernsehen durchsetzen will. Wenn schon nichts rauskommt, soll vor laufenden Kameras wenigstens ein schönes Verhör des Altkanzlers inszeniert werden. Tatsachenermittlung vor laufenden Fernsehkameras? Das Ganze wird wohl eher ablaufen wie ein Schauprozess. Es gibt gute Gründe, warum das Grundgesetz vorsieht, dass bei der Beweiserhebung im Untersuchungsausschuss sinngemäß die Strafprozessordnung Anwendung findet. Diese Regelung gibt den Abgeordneten Möglichkeiten an die Hand, die ein Gericht hat, Beweise zu erheben. Sie sollen sich dann aber auch wie Gerichte verhalten. Für propagandistische Schaukämpfe ist dort kein Platz. Neumanns Vorschlag zeigt, dass sich die Gewichte weiter verschieben - und damit das Interesse an Aufklärung nachlässt. Erstes Ziel ist es nur noch, den politischen Gegner öffentlich vorzuführen.

Nein, bei Zeugenvernehmungen im Ausschuss haben Fernsehkameras nichts zu suchen. Dann werden dort nämlich nur noch die Fensterreden gehalten, die wir aus den Plenardebatten zur Genüge kennen. Die rotgrüne Bundestagsmehrheit plant noch in dieser Wahlperiode ein Gesetz, mit dem die Arbeit der Untersuchungsausschüsse neu geregelt werden soll. Danach sollen die Fernsehübertragungen, zwar möglich werden. Allerdings nur in Einzelfällen allerdings. Das wäre ein Triumph der Parteipolitik. Die Ausschüsse würden dadurch geschwächt. Es dient nicht der Transparenz, wenn sich die Akteure vor laufenden Kameras produzieren.

Carsten Germis

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