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PORTRÄT: Ali Derakhshan: „Das Problem ist die Angst“

Der Name von Ali Derakhshan ist zu einem Politikum in Berlin geworden. Die Behörden haben seine Duldung bis Ende des Schuljahres verlängert. Danach hängt seine Zukunft von der seines Vaters ab, dessen Asylverfahren noch in der Schwebe ist.

Er kann seit Monaten nicht gut schlafen. „Das Problem ist die Angst“, sagt der 14-jährige Iraner. Eine Angst, wie die vor acht Jahren, als er in einer Nacht- und Nebelaktion von der Bundespolizei nach Griechenland abgeschoben wurde, heulend, mit ein paar Klamotten in einer Tasche. Seit diesem Donnerstag weiß Ali Derakhshan: Er darf bleiben – zumindest bis auf weiteres. Die Berliner Behörden haben seine Duldung bis Ende des Schuljahres verlängert. Danach hängt seine Zukunft von der seines Vaters ab, dessen Asylverfahren noch in der Schwebe ist.

Alis Name ist binnen Tagen zu einem Politikum in Berlin geworden. Ein höflicher und intelligenter Schüler, der das Zeug hat, es in Deutschland zu etwas zu bringen, wenn man ihn nur ließe. Der aber vielleicht nicht die Chance dazu bekommen wird. Dass sein Fall, der längst kein Einzelfall ist, bekannt wurde, verdankt Ali seiner Klasse am Heinrich-von-Kleist-Gymnasium. Sie hat eine Öffentlichkeitskampagne für ihren Mitschüler gestartet, als sie von seiner drohenden Abschiebung erfuhr. „Ali soll bleiben“, stand auf T-Shirts, Plakaten und in den Briefen, die sie dem Innensenator geschickt haben.

Für seine „Ausnahme wegen der besonderen Verhältnisse“ hat SPD-Innensenator Ehrhart Körting im Abgeordnetenhaus am Donnerstag sogar Applaus von der Opposition bekommen, den Grünen. Eine Ausnahme ist Alis Duldung in Berlin, weil er laut sogenannter Drittstaatenregelung mit seiner Mutter in Griechenland leben müsste, da Flüchtlinge laut Gesetz in dem Land bleiben müssen, das sie bei ihrer Einreise betreten haben. Doch Alis Mutter konnte sich nicht ausreichend um ihren Sohn kümmern. Der Vater und einige Verwandte sind alle in Berlin. Also durfte Ali wiederkommen. „Am 30. August 2007“, sagt er wie aus der Pistole geschossen. Das weiß Ali noch genau.

Seit dem Tag seiner Ankunft in Berlin versucht der junge Iraner, ein normales Leben zu führen. Er hat alles darangesetzt, schnell Deutsch zu lernen, ist seit einiger Zeit Abwehrspieler in einem Fußballclub in Wilmersdorf und hört in der Einzimmerwohnung mit seinem Vater gern Hiphop, Jazz, „auch Klassik“, um sich abzulenken. Zwei beste Freunde hat er inzwischen gefunden, und eine Klasse, die für ihn „wie eine Familie“ ist. Trotzdem: Es ist nicht leicht, als Sohn von politischen Flüchtlingen aufzuwachsen. Und noch schwerer, als solcher gut zu schlafen.

Ferda Ataman

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