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PORTRÄT CHRISTINE OCKRENT, FERNSEHJOURNALISTIN: "Soll ich mich scheiden lassen?"

Journalistin und Frau von Frankreichs Außenminister - verträgt sich das? Nicht als Generaldirektorin der von Präsident Nicolas Sarkozy erdachten neuen Rundfunk- und Fernsehholding, sagen nicht nur die Kritiker. Die professionelle Unabhängigkeit von Christine Ockrent wird bezweifelt.

Sie ist ein Fernsehstar. Und außerdem die Frau von Frankreichs Außenminister. Weder auf das eine, eine prominente Fernsehtätigkeit, noch auf das andere, den Platz an der Seite ihres Lebensgefährten Bernard Kouchner, will Christine Ockrent verzichten. Als Generaldirektorin der von Präsident Nicolas Sarkozy erdachten neuen Rundfunk- und Fernsehholding „France Monde“ soll die Ehefrau des Außenministers jetzt darüber wachen, dass der frankofone Fernsehkanal TV5, der Radiosender Radio France Internationale (RFI) und der Nachrichtensender France 24, eine Art französisches CNN, mit ihren Nachrichten den „Einfluss Frankreichs in der Welt“ mehren. Da sträuben sich nicht nur Gegnern des in Sachen Medien nicht gerade zimperlichen Präsidenten die Haare. Auch Freunde der respektierten Journalistin fragen sich, wie sie ihren neuen Job mit ihrer persönlichen Nähe zum französischen Chefdiplomaten vereinbaren will.

Die Frage hätte Christine Ockrent auch schon früher gestellt werden können. Denn sie ist ja nicht erst seit gestern im Geschäft und ihre Verbindung mit Kouchner, aus der ein heute erwachsener Sohn hervorgegangen ist, ebenfalls nicht jüngeren Datums. Ihre Karriere startete die 1944 in Brüssel geborene Journalistin mit belgischem Pass 1981 als Moderatorin der abendlichen Nachrichtensendung von Antenne 2. Die nächsten Stationen waren TF1 und FR 3, wo sie bis jetzt eine politische Magazinsendung leitete.

Dass nun Ockrents professionelle Unabhängigkeit angezweifelt wird, liegt weniger an ihrer Liaison mit Kouchner als an der Art, wie Sarkozy die der Regierung unterstehenden Auslandssender unter ein Dach und damit unter seinen Einfluss gebracht hat. Die Schweiz, Belgien und Kanada – mit 33 Prozent Partner beim frankofonen Sender TV 5 – wurden mit der Umkrempelung vor vollendete Tatsachen gestellt. Fremdsprachige Sendungen bei RFI und France 24 werden auf Sarkozys Anordnung zugunsten rein französischsprachiger Programme eingestellt. Und alle Programme werden künftig zentral mit Nachrichten aus einer „news factory“ versorgt, die der von Sarkozy zur Generaldirektorin beförderten Ockrent untersteht. Die Aufgabe fasziniere sie, sagte die Journalistin. Und sie wehrt sich dagegen, zugunsten ihres Mannes auf die Fortsetzung ihrer eigenen Karriere zu verzichten, wie sie gegenüber „Libération“ sagte: „Oder soll ich mich scheiden lassen?“

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