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Porträt: "Die Herzen fielen uns in die Hosen"

Wegen Flut und Seuche unter Druck: Ein Porträt des britischen Umweltministers Hillary Benn.

Eigentlich wollte er Feuerwehrmann werden, dann sattelte er als Zehnjähriger um und wollte Politiker werden wie sein Vater Tony, der, wenn’s um Charisma geht, immer noch führende britische Labour-Linke. Nun ist Hilary Benn 54 Jahre alt – und alle Berufswünsche gehen auf einmal in Erfüllung. Jahrelang führte er als Entwicklungshilfeminister unter Tony Blair ein wenig ein Schattendasein. Seit Premier Gordon Brown ihn zum Umwelt- und Landwirtschaftsminister machte, darf er fast ununterbrochen Schulter an Schulter mit seinem Boss im Krisenmanagement stehen.

Gerade hatte Benn nach der Jahrhundertflut die Gummistiefel ausgezogen und mit dem Urlaub in Italien begonnen, da kam die Nachricht vom Ausbruch der Maul- und Klauenseuche. „Die Herzen fielen uns in die Hosen“, sagte Benn. 2001 hatte diese Seuche seinen damaligen Vorgänger den Job gekostet.

Manche Bauern sahen misstrauisch, dass der kurzsichtige Intellektuelle und Vegetarier Landwirtschaftsminister wurde. Sollte der Ausbruch tatsächlich auf ein von der Regierung beaufsichtigtes Labor zurückgehen, wird die geballte Wut der Bauern über Benn hereinbrechen. Aber seit er 1999 ins Parlament einzog, tat Benn keinen falschen Schritt. Den Wechsel von Blair zu Brown überstand er mit fliegenden Fahnen. Er erwarb sich den Ruf eines Machers, der Intrigen verachtet und es mit Fleiß und Idealismus hält. „Ich glaube ohne Scham an die Macht der Politik, die Dinge zu verändern“.

Auch jetzt handelte er sofort. Nach drei Stunden waren die Schutzzonen erklärt und der Tiertransport im ganzen Land verboten. „In 48 Stunden werden wir wissen, ob das Virus aus dem Labor kommt“, sagte er am Montag. Er bewies damit Strenge bei der Fahndung nach den Missetätern, er zeigte Weitsicht, indem er eine Untersuchung zur Biosicherheit der britischen Labore in Auftrag gab, und blieb optimistisch, die wichtigste Waffe in der Politik: „Alles deutet darauf hin, dass wir den Seuchenausbruch eingegrenzt haben“, behauptete er.

So scheint 2007 für Benn ein annus mirabilis zu werden. Wie 1981 sein Vater bewarb er sich in diesem Frühjahr um das Amt des Labour- Vizeparteichefs – beides ohne Erfolg. Wie sein Vater ist er leidenschaftlicher Teetrinker und schreibt Tagebuch. An Charisma hat er den alten Benn noch nicht eingeholt. Aber niemand kann mehr behaupten, dass der junge Benn die graue Maus der britischen Politik ist. Matthias Thibaut

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