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PORTRÄT H.-WILHELM MÜLLER-WOHLFAHRT SPORTMEDIZINER:: „Die Klinik ist mein Lebenstraum“

Der schlimmste Moment ist, wenn der Spieler sich schmerzgekrümmt am Boden wälzt und Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt noch auf das Startsignal wartet.

Dann steht er am Spielfeldrand, rudert mit den Armen und scharrt mit den Füßen. Wenn der Schiedsrichter ihn schließlich hereinwinkt, stürmt Müller-Wohlfahrt los. Sein Markenzeichen, das schulterlange, in der Mitte gescheitelte Haar, weht hinter ihm her wie ein Schweif. Man braucht nicht viel Fantasie, um dann den Leichtathleten Hans- Wilhelm vor sich zu sehen, der 1962 bei den Deutschen Junioren-Meisterschaften den dritten Platz im Fünfkampf belegte.

Künftig wird Müller-Wohlfahrt seltener über die Rasenflächen dieser Welt laufen, denn der Mann mit dem doppelten Doppelnamen hat sich jetzt von seinem Job als Mannschaftsarzt des FC Bayern München freistellen lassen. Er hatte seine Einsätze schon seit längerem reduziert, nun wird er nur noch als Berater tätig sein. Die Nationalmannschaft aber betreut der 66-Jährige weiter. Am Dienstagvormittag traf sich die Delegation des FC Bayern auf dem Flughafen, um zum Champions-League-Spiel nach Florenz zu reisen. Einer aber fehlte: „Mull“, wie ihn viele nennen. Bayern-Manager Uli Hoeneß bestätigte die Trennung: „Er hat mit seiner neuen Praxis zu viel zu tun.“

Das 1700 Quadratmeter große und mit allen nur erdenklichen technischen Feinheiten ausgestattete Orthopädie-Zentrum ist „die Erfüllung eines Lebenstraums“, wie Müller-Wohlfahrt sagt. Hauptfinanzier ist der milliardenschwere Dietmar Hopp, der Mann, der die TSG 1899 Hoffenheim in die erste Liga gehievt hat. Klar, dass auch die Kicker des aktuellen Bundesligaersten zu Müller-Wohlfahrt gehen.

Der Aufstieg zum bekanntesten Arzt der Republik begann 1975, als der Pastorensohn aus Ostfriesland Mannschaftsarzt von Hertha BSC Berlin wurde. Zwei Jahre später wechselte er zum FC Bayern und machte sich schnell mit seinen diagnostischen Fähigkeiten einen Namen. Lothar Matthäus schwärmte von Müller-Wohlfahrts „Radarfingern“.

Nun hat Müller-Wohlfahrt mehr Zeit für seine neue Mission: In der neuen Klinik will er sein Wissen dem Nachwuchs weitergeben. Der Nachfolger beim FC Bayern heißt Rüdiger Degwert. Nach Glamour klingt das nicht. Aber wer hätte vor 30 Jahren gedacht, dass man bei „Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt“ einmal an Glamour denken könnte? Sebastian Krass

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