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© dpa

Porträt: Helene Hegemann: "Originalität gibt’s nicht, nur Echtheit"

Man könnte es auch Kunst nennen. Helene Hegemann spricht lieber von einem "Experiment"

Hätte kurz vor Erscheinen ihres Romans „Axolotl Roadkill“ irgendjemand Helene Hegemann prophezeit, das Buch würde in die Auswahl für den Leipziger Buchpreis kommen, wäre die Freude bei ihr sicher groß gewesen. Nun ist der Roman tatsächlich nominiert worden, und nächste Woche steht er auf Platz zwei der „Spiegel“-Bestsellerliste. Und Hegemann? Hätte wohl nichts dagegen, weniger Erfolg und Ehren dieser Art zu haben und dafür mehr Ruhe vor ihren Jägern in den Feuilletons und anderswo. Denn diese üben sich nach den Abschreib-Enthüllungen vom Wochenende in der Kunst der Abreibung und lesen Hegemann und auch den begeisterten Erstrezensenten aus den eigenen Reihen ordentlich die Leviten.

Abgetaucht sei sie, heißt es, auch mehrmals zusammengeklappt, nur ein Auftritt bei Harald Schmidt am Donnerstagabend ließ sich nicht mehr absagen. Immerhin hat ihr Verlag jetzt die Abdruckgenehmigungen für die ungenannten Quellen des Romans eingeholt und sich erstmals voll und ganz hinter sie gestellt: „Einer der besten und ungewöhnlichsten Texte, die ich in den letzten Jahren gelesen habe“, so Ullstein-Verlegerin Siv Bublitz.

Andererseits war auch Hegemanns junges Leben nicht nur ein Zuckerschlecken: 1992 als Tochter des Ex-Volksbühnen-Chefdramaturgen Carl Hegemann geboren, lebte sie nach der Trennung der Eltern erst bei der Mutter in Bochum und kehrte nach deren Tod 2006 nach Berlin zu ihrem Vater zurück. Mit der Schule hatte sie es nicht so; dafür schrieb sie lieber ein Theaterstück, „Ariel 15“, und drehte einen Film, „Torpedo“, der von einem jungen Mädchen handelt, dessen Mutter gestorben ist und sich in der Berliner Kulturszene herumtreibt. An das Schreiben ihres Debütromans sei sie dann auch „eher regiemäßig“ gegangen, schrieb sie in einer Stellungnahme auf die Plagiatsvorwürfe: „Ich habe mich also überall bedient, wo man Inspiration findet. Originalität gibt’s sowieso nicht, nur Echtheit.“

Selbst die Echtheit wird ihrem Roman jetzt aber abgesprochen. Die Drogen- und Sexexzesse darin habe sie gar nicht in dem Maß erlebt – deshalb sei das Buch nicht authentisch, sondern pornografisch, deshalb das Plagiat. Was wiederum seltsame Vorwürfe sind. Versucht hier doch eine fast 18-Jährige eben nicht nur einfach mal das eigene Leben streng eins zu eins zu schildern, sondern sich mit Hilfe fremder Quellen ein anderes zu imaginieren. Man könnte das auch Kunst nennen. Hegemann spricht lieber von einem „Experiment“.

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