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PORTRÄT HU JIA ONLINE-DISSIDENT, CHINA:: "Ich fühle mich angeekelt“

Leider wird Hu Jia diesen Artikel nicht im Internet lesen können. Chinas bekanntester Online-Dissident hat in den Gefängnissen dort noch weniger Möglichkeiten, die Vorzüge des World Wide Web zu genießen, als in der sogenannten freien Welt Chinas ohnehin schon.

Mit Menschenrechten, Demokratie und Meinungsfreiheit haben die Umstände von Hu Jias Inhaftierung nicht viel zu tun. Jia sprach im November 2007 via Internetübertragung in einer vom Europäischen Parlament organisierten Anhörung zum Thema „Menschenrechte in China im Vorfeld der Olympischen Spiele“. Daraufhin wurde er wegen angeblicher Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt festgenommen und im April zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt.

In gut einer Woche beginnen die Spiele in Peking. Nie zuvor zog die Lage der Menschenrechte dort so viel Aufmerksamkeit auf sich. „Das rigide Vorgehen der Regierung gegen Journalisten und Menschenrechtler muss genauso im Mittelpunkt der Berichterstattung stehen wie die Wettkämpfe“, fordert die Organisation Reporter ohne Grenzen. Obwohl die Behörden zunehmende Polizeiaktionen bestreiten, wurden in den vergangenen Monaten zehn chinesische Aktivisten festgenommen. Diese „olympischen Gefangenen“ dürften nicht in Vergessenheit geraten.

Temporär zumindest ähnlich wie den inhaftierten Bürgerrechtlern geht es den ausländischen Journalisten, die nach Peking reisen und erfahren müssen, dass sie im Pressezentrum nicht frei im Internet recherchieren können. Reporter ohne Grenzen hat nun Tipps veröffentlicht, die helfen sollen, über die Situation der Menschenrechte in China zu berichten. Darunter den Rat, Programme auf dem Computer zu installieren, mit denen Firewalls umgangen werden können, sowie die Empfehlung, nicht auf Dolmetscher und Führer chinesischer Anbieter zurückzugreifen. Außerdem sollten bei Handytelefonaten verschiedene SIM-Karten genutzt werden – vor allem im Kontakt mit „gefährdeten“ Personen. Man muss es der chinesischen Justiz ja nicht allzu leicht machen.

„Ich fühle mich angeekelt, wenn ich an die Männer denke, die mich aushorchen und überwachen, egal, wo ich bin“, schreibt Hu Jias Frau, Zeng Jinyan, in ihrem Blog. Als ihr Mann noch nicht im Gefängnis war, hätten sie sich den Film „Das Leben der Anderen“ über die DDR-Stasi-Methoden angeschaut und darin auch ihr Schicksal wiedergefunden. Markus Ehrenberg

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