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PORTRÄT JEAN–LUC MÉLENCHON PRÄSIDENTSCHAFTSKANDIDAT:: „Seid der Krater der Revolution!“

Es wehen rote Fahnen, seine Faust ist erhoben. Jean-Luc Mélenchon, der ultralinke Präsidentschaftskandidat der „Front de Gauche“, einem Bündnis linker Parteien, wirkt energisch.

Es wehen rote Fahnen, seine Faust ist erhoben. Jean-Luc Mélenchon, der ultralinke Präsidentschaftskandidat der „Front de Gauche“, einem Bündnis linker Parteien, wirkt energisch. Mit seinen Auftritten und Klassenkampfparolen reißt er das Publikum mit. Der 60-jährige Franzose wird in Frankreich schon „der dritte Mann“ genannt. Innerhalb von Wochen ist er in Umfragen auf den dritten Platz in der Wählergunst vorgeprescht. Die jüngsten Umfragen sagten ihm 14,5 Prozent der Wählerstimmen voraus. Damit liegt er direkt nach Amtsinhaber Nicolas Sarkozy und dem Sozialisten François Hollande.

Jean-Luc Mélenchon ist die Überraschung des Wahlkampfes. „Die Revolution Mélenchon. Kann er Hollande zum Verlierer machen“, fragen die Zeitungen. Dessen konservativer Mitstreiter, Präsident Sarkozy, scheint begeistert über die Unterstützung von links zu sein. Er lobt Mélenchon jedenfalls: „Er verteidigt wenigstens Ideen.“ Die Sozialisten um Hollande hingegen stellen schon ihre Wahlkampfstrategie infrage. Mélenchon zwingt sie dazu, mehr auf die linken Wähler zu achten.

Mélenchon ist ein abtrünniger Sozialist. Der gelernte Journalist und ehemalige Erziehungsminister, der ideologisch immer zum linken Flügel gehörte und seit 2009 Europaabgeordneter ist, gilt schon lange als Rivale von Hollande. Im Jahr 2008 gründete er seine eigene Partei. Die Parti de Gauche (PG) ist eine Alternative zu den Sozialisten. Die Sozialisten wären aber im zweiten Wahlgang auf ihn angewiesen, dann könnte Mélenchon den Kurs mitbestimmen.

Sein Durchbruch im Wahlkampf kam vor zwei Wochen, als er höchst symbolisch auf dem Platz der Bastille sprach. Über 100 000 Zuschauer, das hatte selbst Mélenchon nicht erwartet, verfolgten seine Rede gegen Sparmaßnahmen, die Finanzwirtschaft, die Profite der Reichen.

Seine Pläne: Mélenchon will das Parlament aufwerten, die Rolle des Präsidenten neu definieren, die Rente mit 60 wieder einführen, den Mindestlohn erhöhen und vor allem das „liberale Wirtschaftsdiktat“ abschaffen. Und über Europas Wirtschaftspolitik sollte laut Mélenchon künftig das Volk entscheiden, nicht Europas Politiker und Wirtschaftsexperten. Mélenchon sieht sich als Klassenkämpfer. In Toulouse rief er in dieser Woche den Leuten zu: „Ihr müsst wieder der Krater sein, aus dem die Flamme der Revolution hervorlodert, die ganz Europa ansteckt.“  Tanja Kuchenbecker

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