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Porträt Johannes-Wilhelm Rörig, Missbrauchsbeauftragter: „Wir stehen vor einer immensen Aufgabe“

Als Johannes-Wilhelm Rörig seiner Familie von dem neuen Amt erzählte, wunderte sich sein zehnjähriger Sohn: Hat das was mit Sex zu tun, was der Papa jetzt macht? Darf man das weitersagen?

Als Johannes-Wilhelm Rörig seiner Familie von dem neuen Amt erzählte, wunderte sich sein zehnjähriger Sohn: Hat das was mit Sex zu tun, was der Papa jetzt macht? Darf man das weitersagen? Rörig ist ab diesem Donnerstag der Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs. „Ich bekomme Feedback zu Hause“, sagt er. „Da kann ich abschätzen, wie bei Kindern ankommt, was wir uns hier ausdenken.“

Ohne die Kinder wird es nicht gehen. Ohne dass auch Zehnjährigen klar wird, dass es nicht okay ist, wenn ihnen der Sportlehrer zwischen die Beine greift, werden Präventionskonzepte nicht wirken. Rörig will Kinder und Eltern mit einer Kampagne direkt ansprechen. Außerdem will er erreichen, dass „in allen Bereichen, wo Kinder betreut, gepflegt, erzogen werden, Richtlinien zum Schutz vor sexualisierter Gewalt angewendet werden“. Das sei eine „immense Aufgabe“. „Anwenden“ heißt nicht: an die Wand hängen und vergessen. Anwenden heißt verinnerlichen.

Rörig ist 52 Jahre alt, Jurist und arbeitet seit 13 Jahren im Bundesfamilienministerium, zuletzt in der Abteilung Kinder und Jugend. Dort hat er auch die Tagungen des Runden Tischs „Sexueller Kindesmissbrauch“ begleitet. Mehrmals war er Büroleiter von Christine Bergmann. Die enge Verbindung zu seiner Vorgängerin macht Rörig in den Augen von Missbrauchsopfern vertrauenswürdig. Ein wichtiges Signal ist ebenfalls, dass die Telefonhotline bestehen bleibt und Rörig mit demselben Team weiterarbeitet. Auch bringt er Sensibilität mit und gute Verbindungen zu allen wichtigen Organisationen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben. Er ist ja nicht zufällig in der Abteilung Kinder und Jugend gelandet, er wollte schon immer dorthin. Mit 16, 17 versuchte er sich selbst als Jugendpolitiker und machte bei den Jungdemokraten mit, den Vorgängern der Jungen Liberalen.

„Ich kämpfe dafür, dass die Empfehlungen von Bergmann und vom Runden Tisch nicht in der Schublade verschwinden“, sagt Johannes-Wilhelm Rörig – und weiß, dass er es schwerer haben könnte als die bekannte SPD-Politikerin Bergmann. Er kennt die Tricks, wie man in der Politik Themen ins Leere laufen lässt. Deshalb hat er sich seine Unabhängigkeit und Befugnisse zusichern lassen, von höchster Stelle und schriftlich. Dass er einen langen Atem hat, beweist Rörig fast jeden Morgen. Erst joggt er, dann fährt er mit dem Rad ins Büro.

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