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PORTRÄT JÜRGEN WINDELER ARZNEIMITTELPRÜFER:: „Der Kostendruck ist mir recht“

In der Regel werden Leiter medizinischer Institute ohne große Anteilnahme der Medien auserkoren oder auch abgesetzt. Beim Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) ist das anders.

In der Regel werden Leiter medizinischer Institute ohne große Anteilnahme der Medien auserkoren oder auch abgesetzt. Beim Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) ist das anders. Denn es hat eine heikle Aufgabe: zu bewerten, wie viel oder wenig bestimmte diagnostische und therapeutische Verfahren in der Medizin tatsächlich bringen. Das Urteil der Kölner Prüfstelle hat großen Einfluss darauf, welche Leistungen die Krankenkassen erstatten.

Entsprechend groß war die Aufmerksamkeit, als der Vertrag von Institutsleiter Peter Sawicki nicht verlängert wurde. Dienstwagenaffäre? Nur vorgeschoben, hieß es. Die Pharmabranche habe sich eines lästigen Kritikers entledigt. Und mancher Beobachter prophezeite, den kritischen Kölnern werde nun ein handzahmer Pharmafreund vorangestellt. Doch es ist anders gekommen. Jürgen Windeler, der ab 1. September die Leitung des Medizin-Tüvs übernehmen soll, ist für den Job bestens gerüstet. Der 53-Jährige, bisher Leiter des medizinischen Dienstes der Krankenkassen, war einer der ersten, die in Deutschland die evidenzbasierte Medizin vertraten. Die akzeptiert nur das als nützlich, was in rigorosen Studien getestet wurde.

Das Institut werde unter seiner Führung anders auftreten, sagt Windeler. Leiser soll es werden, in der Sache aber ist der Neue ebenso hart. Er möchte das Nützliche vom Nutzlosen trennen. Und das nicht nur bei den Arzneimitteln. Er hält zwar nur jedes zehnte Medikament für wirklich nötig. „Aber da gibt es immerhin ein Zulassungsverfahren“, sagt er. Bei anderen Leistungen, ob Physiotherapie, Herzkatheter oder Wirbelsäulenoperationen, gebe es überhaupt keinen Bewertungsstandard.

Wenn nur gemacht werde, was nützt, ließe sich ein Milliardenbetrag einsparen, glaubt Windeler. „Wenn die Ressourcenknappheit dazu beiträgt, dass die evidenzbasierte Medizin sich durchsetzt, dann ist mir der Kostendruck nicht unrecht.“ Das dürfte vor allem die stören, die mit Heilsversprechen den großen Reibach machen. Über Homöopathie hat Windeler einmal geschrieben: „Heiler, die keine fundierte medizinische Ausbildung hatten, nannte man früher krass ,Kurpfuscher’ und ,Quacksalber’. Heute spricht man von sanfter Medizin, Erfahrungsheilkunde, Naturmedizin, von unkonventioneller oder biologischer Medizin, Komplementär- oder Alternativmedizin.“ Allzu ruhig wird es um das IQWiG wohl auch unter Windeler nicht werden.Kai Kupferschmidt

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