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PORTRÄT KAZUYO SEJIMA BIENNALE-LEITERIN:: „Es geht uns um die Essenz“

Auf ihrer Party wirkt sie wie ein schüchterner Gast. Steht allein am Rande, auf dieser spektakulären Dachterrasse hoch über dem Canal Grande, vor ihr liegt das überwältigende VenedigPanorama.

Auf ihrer Party wirkt sie wie ein schüchterner Gast. Steht allein am Rande, auf dieser spektakulären Dachterrasse hoch über dem Canal Grande, vor ihr liegt das überwältigende VenedigPanorama. Doch Kazuyo Sejima wirkt, als ob sie lieber ganz woanders wäre, weit weg, da, wo sich nicht gerade die gesamte Architekten-Hautevolee jener Vorbesichtigungstage auf den Füßen herumtritt in dem Bemühen, jenem seltsamen Luftgeist nahezukommen, der die wichtigste Architekturausstellung der Welt eingerichtet hat.

Kazuyo Sejima, Mitbegründerin des japanischen Architekturbüros SANAA, Pritzker-Preisträgerin 2010, ist tatsächlich die erste Frau, die die Architekturbiennale in Venedig leitet. Das ist, in der Männerdomäne Architektur, schon mal ein Statement. Und ein Statement ist auch, was die zierliche 56-Jährige aus dieser Biennale gemacht hat. Keine Kräftespiele in 3-D und Computersimulation, kein Fest der Groß- und Wichtigentwürfe, sondern eine fast philosophische Reflektion über das, was Architektur bedeutet: Form, Farbe, Raum. Und was sich im Idealfall fast zur Unsichtbarkeit verflüchtigen kann.

So wie der Entwurf ihres japanischen Kollegen Junya Ishigami, der mit dem Goldenen Löwen für das beste Projekt geehrt wurde: ein Haus, aus durchsichtigen Fäden gespannt, als angedeutete Raumdimension. Dass das zarte Gebilde in den Vorbesichtigungstagen von der Masse der Ausstellungsbesucher zerrissen und zerstört worden war: Auch das ist ein Statement, wenn auch ein ungeplantes.

„People meet in Architecture“ heißt das Motto, das Kazuyo Sejima für ihre Biennale ausgesucht hat. Es könnte auch als Motto über ihrem ganzen Werk stehen, über diesen Museen und Wohnhäusern, die die Kunst des vornehmen Zurücktretens üben, alles Etüden in Weiß und Glas. Das Rolex Learning Center in Lausanne zum Beispiel, ein sich elegant in die Hügel schwingendes Kommunikationsgebäude. Oder das New Yorker Museum of Contemporary Art mit seinen in die Luft gestapelten Leuchtkästen. Auch der Kubus der Zeche Zollverein in Essen ist ein beliebter Treffpunkt. Und für Berlin hat SANAA den Erweiterungsbau des Bauhaus-Museums entworfen. Doch der Plan liegt mangels Finanzierungszusagen in der Schublade.

Später wird Kazuyo Sejima noch einmal gesichtet, sie sitzt in einer Ecke der Giardini, unberührt vom Treiben um sie herum. Menschen begegnen sich in Architektur. Manchmal verschwinden sie auch darin. Christina Tilmann

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