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Porträt: ''Keine Fragen, bitte''

Carl-Eduard Graf von Bismarck wurde von der Boulevardpresse zum "faulsten Abgeordneten des Bundestages" ernannt. Ein Porträt des Geschmähten

Von Robert Birnbaum

Es gibt Leute, wenn es die nicht gäbe, müsste man sie glatt erfinden. Carl-Eduard Graf von Bismarck gehört entschieden in diese Kategorie der quasi Überfälligen. Der von der Boulevardpresse zum „faulsten Abgeordneten des Bundestages“ ernannte CDU-Politiker passt perfekt in ein Bild, das sich gar nicht wenige Bürger vom normalen Abgeordneten machen: ein ganz schön lauer Job das!

Besonders der Blick in den Plenarsaal, der auch bei wichtigen Debatten oft nur mäßig besetzt ist, scheint das Urteil zu bestätigen. Falsch ist es trotzdem. Der normale Berlin-Terminplan des normalen Abgeordneten ist vollgestopft mit Sitzungen, Beratungen, Verabredungen. In den im Schnitt 22 Sitzungswochen eines Jahres ist schließlich der größte Teil der Gesetzgebungsarbeit zu leisten – von der Diskussion in den Fachgruppen der Fraktionen über die Beratung in Ausschüssen bis zur Abstimmung. Dazu kommen die parteipolitischen Pflichten von der Landesgruppe bis zur Fraktion, die Pressearbeit will erledigt, Anliegen aus dem Wahlkreis wollen verfolgt und Interessen heimischer Firmen vertreten sein. Einer Debatte zuzuhören, die meist nur der öffentlichen Darstellung der intern beschlossenen Positionen dient, kann da auf der Prioritätenliste leicht weit nach hinten rutschen.

Anderes gehört freilich zum Pflichtprogramm: An den internen Sitzungen auch teilnehmen, zur Abstimmung anwesend sein, im Ausschuss mitarbeiten zählt zu diesen Minimalanforderungen. Von Bismarck war monatelang durch Abwesenheit aufgefallen, was der Ur-Urenkel des „Eisernen Kanzlers“ mit einem Rückenleiden begründete. Die Entschuldigung befriedigte nicht alle Parteifreunde; es gab im Sommer ein ernstes Gespräch mit dem Landeschef des Lauenburger Abgeordneten, dem schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen.

Wahrnehmbar geändert hat sich wenig. Auf Bismarcks Homepage etwa stammt der letzte Berlin-Bericht immer noch von Neujahr 2007. Am Freitag dann wussten die „Lübecker Nachrichten“ zu berichten, der 46-jährige Unternehmer werde sein Mandat in Kürze niederlegen und sich künftig ganz den gräflichen Geschäften – vorwiegend in Sachen Holz – widmen. Die Planstelle des „faulsten Abgeordneten“ wäre wieder vakant. Es wird nicht leicht sein, einen Nachfolger zu finden. Denn der Fall B. belegt ja auch: Faule Abgeordnete sind in Wahrheit eine kleine Sensation. Robert Birnbaum

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