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PORTRÄT: KGALEMA MOTLANTHE ANC-VIZE:: "Das Ziel ist größere soziale Gerechtigkeit"

Den stellvertretende ANC-Parteivorsitzende Kgalema Motlanthe soll Nachfolger von Südafrikas Staatspräsident Thabo Mbeki werden. Er gilt als Mann des Ausgleichs.

Schneller als jetzt in Südafrika kann ein Königsmord nicht vonstatten gehen. Kaum 48 Stunden nach der Entmachtung von Staatspräsident Thabo Mbeki durch die eigene Partei präsentiert der regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC) bereits seinen Nachfolger: den stellvertretenden Parteivorsitzenden Kgalema Motlanthe. Allerdings wird Motlanthe das höchste Staatsamt nur für die Übergangszeit bis zur nächsten Wahl bekleiden, die bis spätestens Juli 2009 erfolgen muss.

Motlanthe selbst gilt als Mann des Ausgleichs. Dem langjährigen Generalsekretär des ANC wird ein hohes organisatorisches Geschick aber auch ein Talent als Schlichter nachgesagt – Fähigkeiten, die er gerade jetzt gut gebrauchen kann, um den ANC nach dem erbitterten Machtkampf zwischen Zuma und Mbeki neu zu vereinen. Montlanthe war es auch, der Südafrikas Geschäftswelt in den letzten Monaten immer wieder versicherte, dass der ANC auch unter Zuma keine radikalen Wirtschaftsexperimente plane. Seine Konsistenz brachte ihm derart großen Respekt ein, dass er bis zuletzt als möglicher Kompromisskandidat zwischen dem linken und rechten ANC-Flügel gehandelt wurde. Sollte Zuma sein Amt im nächsten Jahr nicht antreten, könnte aus dem Mann des Übergangs durchaus ein „richtiger“ Präsident werden.

Zuvor wird der 59-jährige Familienvater mit den runden Brillengläsern jedoch eine Partei aussöhnen müssen, die sich schwer zerschlissen und darüber das mühselige Tagesgeschäft vergessen hat. Seine guten Referenzen aus dem Widerstandskampf dürften Motlanthe dabei zugute kommen: Zwischen 1976 und 1987 saß er auf der Sträflingsinsel Robben Island ein, fünf Jahre davon mit Nelson Mandela. Seinen Wissenhunger stillte der Sohn eines Büroboten und einer Wäscherin durch ein Fernstudium an der Universität von Südafrika. „Ohne eine gute Kenntnis der Finanzwelt“, sagt er, „könnte ich mein Ziel nach größerer sozialer Gerechtigkeit nie umsetzen“.

Wie sehr ihm neben der Aussöhnung der Partei auch an der des Landes gelegen ist, zeigte sein jüngster Auftritt an der Universität von Stellenbosch, der Kaderschmiede des Burentums. Zur Verblüffung der Zuhörer sprach Motlanthe dort ganz offen davon, künftig mehr Weiße für die von Mbeki viel zu schnell umgekrempelte und nun sehr ineffiziente Staatsverwaltung anwerben zu wollen. Unter Mbeki wäre allein schon ein solcher Gedanke ketzerisch gewesen.Wolfgang Drechsler

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