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PORTRÄT: Kurt Westergaard: „Das verfolgt mich bis an mein Lebensende“

Der Zeichner der Mohammed-Karikatur entging wohl nur knapp dem Tod. Trotzdem bereut der 74 Jahre alte Däne Kurt Westergaard seine Zeichung aus dem Herbst 2005 nicht.

Als Kurt Westergaard im Herbst 2005 das Karikaturenblatt vom Propheten Mohammed mit angezündeter Turban-Bombe bei der Zeitung „Jyllands-Posten“ abgab, war das ein gewöhnlicher Job für den routinierten Zeichner. Nicht im Ansatz ahnte der inzwischen 74-Jährige, wie sehr sein Lebensabend damit zum Alptraum werden würde. Es war für ihn „einfach ein Auftrag wie jeder andere“. Ein paar Monate nach der Veröffentlichung seiner Karikatur kam es dann zu gewaltsamen Protesten in der islamischen Welt. Westergaard erhielt Morddrohungen, jahrelang stand er unter Polizeischutz.

Am vergangenen Freitag nun entging Westergaard möglicherweise nur knapp dem Tod. Kurz nach zehn Uhr abends hörte er in seinem Haus in der Nähe der Stadt Århus ein Fenster klirren. Westergaard betätigte den Alarmknopf, den Sicherheitsbeamte bei ihm eingebaut hatten. Dann rannte er „in Panik“ ins Badezimmer, das zu einem Schutzraum umgebaut worden war. Der somalische Täter, den Westergaard selbst nicht zu Gesicht bekam, schlug mit einer Axt auf die Stahltür ein. „Ich hörte, wie er mich schreiend in gebrochenem Dänisch beschimpfte. Glücklicherweise hielt die Tür. Das rettete mein Leben“, erzählt er. Seine fünfjährige Enkeltochter Stephanie, auf die er aufpassen sollte, weil die Eltern im Kino waren, blieb schutzlos, aber in einem entfernter liegenden Raum zurück. Ihr passierte nichts. In drei Minuten waren die Einsatzwagen da. Der Somalier leistete so viel Widerstand, dass die Sondereinheit schießen musste. Zwei Kugeln trafen den Angreifer, ins Knie und in die Hand. Nach Geheimdienstangaben stand der Somalier in Verbindung zur radikalislamischen Shebab-Miliz in seinem Heimatland.

Westergaard soll nun rund um die Uhr einen eigenen Personenschützer bekommen. „Ich bin zu alt und starrköpfig, um mich noch zu beugen“, hatte er einmal gesagt. Der persönliche Preis dafür ist hoch. Im Fernsehen musste sich der Karikaturist einmal fragen lassen, ob er sich mitverantwortlich fühle für den Tod von 150 Menschen bei den Protesten gegen seine und die anderen Karikaturen. Das tue er nicht, und er bereue auch nichts, antwortete er. Auf sein Leben mit Umzügen zwischen wechselnden Geheimwohnungen im In- und Ausland habe sich eine „trübgraue Depression“ als Grundstimmung gelegt. „Diese Sache wird mich bis an mein Lebensende verfolgen, das ist klar.“ André Anwar

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