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PORTRÄT LECH WALESA, EX-PRÄSIDENT POLENS:: "Das ist eine Lüge“

Eine Million Zloty. So viel Geld ist Lech Walesa sein guter Ruf wert. Auf diese Summe, rund 300.000 Euro, will der polnische Ex-Präsident jeden verklagen, der behauptet, er habe zu Volksrepublikzeiten für den Geheimdienst gearbeitet.

Eine ungeheuerliche Vorstellung: der Mann, der für seinen Freiheitskampf den Friedensnobelpreis bekam, soll die ganze Welt getäuscht haben und nichts weiter als ein Lügner sein. Das behauptet kein geringerer als Lech Kaczynski, sein Nach-Nachfolger als Präsident.

In einem TV-Interview erklärte das Staatsoberhaupt, hinter dem kommunistischen Agenten „Bolek“ verberge sich Walesa; Beweise werde er bald liefern. In einem Buch, das am kommenden Montag erscheinen wird, werde die „Wahrheit über gewisse Fragmente seines Lebens aufgedeckt“. Zwei Historiker des Instituts für Nationales Gedächtnis trugen nach Recherchen in den Archiven des Staatssicherheitsdienstes die angeblichen Beweise zusammen.

Der Vorwurf, der heute 64-jährige Walesa sei ein Spitzel gewesen, ist nicht neu. Seit Jahrzehnten verbindet Kaczynski und Walesa zudem eine Abneigung, die sich im Laufe der Zeit zu blankem Hass aufschaukelte. Wer das verstehen will, muss in die jüngste Geschichte zurückgehen. Schon in den 80er Jahren, als Walesa auf der Danziger Werft an der Spitze der Gewerkschaft Solidarnosc gegen das Regime kämpfte, wurde kolportiert, er sei vom Geheimdienst eingeschleust worden. Nach Ansicht Walesas eine Lüge der Kommunisten, um die Opposition zu schwächen. Auch streitet der Ex-Präsident nicht ab, mit dem Geheimdienst in Kontakt gekommen zu sein. Wie Tausende anderer habe er nach den ersten Streiks unter Druck eine Erklärung unterzeichnet, nichts mehr gegen die herrschende sozialistische Ordnung zu unternehmen. Erst danach sei er aus der Haft entlassen worden.

Doch nicht die Danziger Ereignisse treiben den Ex-Solidarnosc- Anhänger Kaczynski auf die Barrikaden. Er ist der Überzeugung, dass Walesa die Werte des gemeinsamen Kampfes verraten habe. Er macht ihm zum Vorwurf, dass Walesa sich Ende der 80er Jahre mit den Kommunisten an einen Tisch setzte, um die Machtübergabe zu verhandeln – und den alten Eliten in neue Führungspositionen verholfen hat. Ziel Kaczynskis ist es, diesen „historischen Fehler“ zu korrigieren. Am geeignetsten erscheint da die Demontage des glänzendsten Symbols der Vergangenheit: Lech Walesa. Knut Krohn

Knut Krohn

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