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PORTRÄT LIMOR LIVNAT KULTURMINISTERIN, ISRAEL:: „Festival für einen Nazi- Komponisten“

Man betont nur, was nicht selbstverständlich ist. Daher die folgende Meldung: Israels Kultur- und Sportministerin Limor Livnat schließt eine Bestrafung von Orchestern aus, die Kompositionen von Richard Wagner aufführen oder in Bayreuth auftreten.

Man betont nur, was nicht selbstverständlich ist. Daher die folgende Meldung: Israels Kultur- und Sportministerin Limor Livnat schließt eine Bestrafung von Orchestern aus, die Kompositionen von Richard Wagner aufführen oder in Bayreuth auftreten. Die Ministerin hielt jetzt in einer amtlichen Erklärung fest, dass keine Möglichkeit bestehe, Orchestern „wegen der Wahl ihres künstlerischen Repertoires“ die finanzielle Unterstützung zu entziehen. Das freilich ändert nichts daran, dass Livnat äußerst entrüstet ist über die Teilnahme eines israelischen Orchesters an einem Festival, „das den Werken des Nazi-Komponisten gewidmet“ sei.

Nun dürfte man von der ehemaligen Erziehungsministerin eigentlich erwarten, dass sie weiß, dass Richard Wagner lebte und starb, bevor die Nationalsozialisten an die Macht kamen. Doch damit nicht genug: Das Israelische Kammerorchester wird keineswegs an den Bayreuther Festspielen teilnehmen. Vielmehr ist es von der Stadt Bayreuth zu Konzerten am Rande derselben eingeladen worden. Und es wird vor allem Werke israelischer und jüdischer Komponisten aufführen, insbesondere von Felix Mendelssohn-Bartholdy.

Offenbar hatte die dem nationalistischen Flügel der regierenden Likud-Partei angehörende Ministerin vorschnell auf eine Zeitungsente reagiert. Am Vortag nämlich hatte „Yedioth Ahronoth“ berichtet, dass zwei israelische Orchester – neben dem Kammerorchester auch dasjenige aus Rishon Lezion – an den Bayreuther Festspielen teilnehmen und dabei Wagner-Werke aufführen würden. Deshalb hätten wütende Knessetabgeordnete die Streichung aller öffentlichen Zuwendungen verlangt.

Zwar sind Wagner-Werke seit vielen Jahren im öffentlichen Rundfunk in Israel zu hören, doch wann immer es das repräsentative Philharmonische Orchester wagte, Wagner zu spielen, meldeten sich Zuhörer und protestierten. Die Wut der kleinen, aber einflussreichen Wagner-Boykott-Gruppe richtet sich insbesondere gegen den Dirigenten, Pianisten und Friedensaktivisten Daniel Barenboim, der mehrfach versucht hatte, den Boykott zu brechen. Die Boykott-Gegner bestreiten Wagners Antisemitismus nicht, verweisen aber auf zahlreiche andere Künstler, die auch antisemitisch eingestellt gewesen seien und deren Werke man in Israel aufführe. Außerdem könne man Wagners Werk nicht dafür bestrafen, dass es von den Nazis missbraucht worden sei. Charles A. Landsmann

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