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PORTRÄT NATALIE RICKLI SCHWEIZER ABGEORDNETE:: „Wir haben zu viele Deutsche im Land“

Sie hat gute Aussichten, prominenteste Politikerin der Schweiz zu werden. Vor einer Woche erregte die 35-jährige Abgeordnete der nationalkonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP), Natalie Rickli, schlagartig Aufmerksamkeit, als sie im Fernsehen sagte: „Wir haben zu viele Deutsche im Land.

Von Andreas Oswald

Sie hat gute Aussichten, prominenteste Politikerin der Schweiz zu werden. Vor einer Woche erregte die 35-jährige Abgeordnete der nationalkonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP), Natalie Rickli, schlagartig Aufmerksamkeit, als sie im Fernsehen sagte: „Wir haben zu viele Deutsche im Land.“ Weil sie seither in aller Munde ist, legte sie an diesem Wochenende noch einmal nach: „Einzelne Deutsche stören mich nicht, mich stört die Masse.“ Und weiter: „Wenn es nur noch deutsche Serviertöchter (Kellnerinnen) hat, deutsche Ärzte, ich in den Schweizer Bergen nur noch von Deutschen bedient werde, fühle ich mich nicht mehr daheim.“ Nach ihren Angaben leben 276 000 Deutsche in der Schweiz, die knapp acht Millionen Einwohner hat. „Rechnen wir das auf Deutschland um, wären 2,7 Millionen Schweizer in Deutschland.“

In Deutschland mag Rickli ungläubiges Kopfschütteln auslösen, aber bei vielen ihrer Landsleute trifft sie einen empfindlichen Nerv. In der Schweiz herrscht Vollbeschäftigung. Wachstum kann nur durch Produktivitätszuwachs und Einwanderung hochqualifizierter Fachkräfte geschaffen werden, beides geschieht in erheblichem Umfang. Deutsche werden gerne dann angeheuert, wenn es in Unternehmen um Effizienzsteigerungen geht. Deutsche können unbequeme Dinge gut durchsetzen, weil sie für schweizerische Verhältnisse so offensiv auf Hochdeutsch kommunizieren, dass Schweizer dem nur schwer etwas entgegensetzen können. Das schafft bei manchen Menschen böses Blut. Deutsche werden oft als arrogant, laut und undiplomatisch wahrgenommen. Vor allem aber gelten sie bei einigen als Bedrohung, weil sie das Neue, den Fortschritt durchsetzen.

Die meisten Schweizer brauchen davor keine Angst zu haben und haben auch keine. Aber es gibt eine bedeutsame Minderheit, die für schrille Töne empfänglich ist. Eine aktuelle Umfrage ergab, dass 64 Prozent der Schweizer die Deutschen mögen. Aber 36 Prozent stimmen Natalie Rickli zu, wenn sie fordert, den Zuzug von Deutschen zu begrenzen. 36 Prozent – das ist ein Pfund, mit dem die Politikerin wuchern kann. Vor allem haucht sie der derzeit schwächelnden SVP neues Leben ein, deren langjähriger alter Chef Christoph Blocher der Partei mit seinen schlecht gelaunten Äußerungen ein unsympathisches Image gab. Die telegene blonde Natalie Rickli kommt da mit ihren eingängigen Parolen offenbar wahrlich zur rechten Zeit. Andreas Oswald

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