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PORTRÄT NICOLAS SARKOZY, EU-RATSPRÄSIDENT (ab morgen):: „Das soziale Europa wiederbeleben“

In der EU ist jetzt Krisenmanagement gefragt, und Nicolas Sarkozy, der Anfang Juli nach Dublin reisen wird, muss sich den Kopf darüber zerbrechen, wie er den festgefahrenen Karren wieder flottmachen kann.

Es klang, wie üblich, sehr ambitioniert. Ein spektakuläres halbes Jahr, in dem er die Europäische Union aus ihrer Lähmung reißen würde, hatte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy versprochen. Eine gemeinsame Politik der Einwanderung, die Grundlagen einer europäischen Verteidigungspolitik sowie einer europäischen Politik auf den Gebieten Energie und Umweltschutz und nicht zuletzt eine Union der Mittelmeerländer unter Frankreichs Führung: Das waren die Ziele, die er im Januar aufstellte und bis Ende 2008 zu erreichen versprach.

Von wegen! „Die französische EU-Präsidentschaft wird bescheiden sein“, erklärt Außenminister Bernard Kouchner. Damit zog er die Konsequenz aus dem Nein der Iren zum Vertrag von Lissabon. Denn das stellt die EU vor eine neue, schwierige Situation und zwingt Sarkozy, seine ehrgeizigen Pläne zu stutzen. Krisenmanagement ist jetzt gefragt, und Sarkozy, der Anfang Juli nach Dublin reisen wird, muss sich den Kopf darüber zerbrechen, wie er den festgefahrenen Karren wieder flottmachen kann. Antworten darauf gibt es in Paris noch nicht. Einwanderung, Verteidigung, Energie sowie Umwelt- und Klimaschutz werden nach wie vor auf der Agenda stehen. Doch die gemeinsame europäische Verteidigung wird aus Rücksicht auf irische Neutralitätsbedenken tiefer gehängt. Fortschritte auf diesem Gebiet sollten laut Sarkozy die Voraussetzung für Frankreichs Rückkehr in die Nato sein. Davon ist nun auch im Weißbuch zur französischen Verteidigung keine Rede mehr. Die Reintegration in die atlantische Militärorganisation hat Vorrang.

Als neues Stichwort indes wird die „Wiederbelebung des sozialen Europa“ ausgegeben. Alles, was Europa den Bürgern wieder näher bringen könnte, soll dazugehören – vom Kampf gegen Diskriminierungen jeglicher Art bis zur Stärkung der Rechte von Arbeitnehmern in Betriebsräten europäischer Unternehmen. Frankreich müsse dazu beitragen, die „Kluft zwischen den Bürgern und Europa“ zu überbrücken. Wie groß diese Kluft nicht nur in Irland, sondern eben auch in Frankreich ist, zeigen neue Meinungserhebungen. Nur 37 Prozent der Befragten – so viele wie 2005, als die Franzosen die EU-Verfassung ablehnten – sind heute noch davon überzeugt, dass die Mitgliedschaft in der EU für Frankreich gut ist. Und nur 39 Prozent glauben, dass Sarkozy als EU-Ratspräsident eine Wende zum Besseren herbeiführen kann. Hans-Hagen Bremer

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