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PORTRÄT PAUL KRUGMAN, US-ÖKONOM:: "Amerika wird ein besseres Land sein“

Am vergangenen Montag hatte Paul Krugman in seiner Kolumne in der „New York Times“ geschrieben, die Amerikaner sollten endlich anfangen, so zu leben wie die Deutschen: Bus fahren statt Geländewagen.

Am selben Tag veröffentlichte der Arbeitsminister Olaf Scholz in Berlin den neuesten Armutsbericht, der deutlich macht, dass die Deutschen längst angefangen haben, so zu leben wie die Amerikaner: Auch hierzulande nimmt die Ungleichheit der Einkommen zu, auch hier wird der Abstand zwischen Arm und Reich größer.

Krugman, der eigentlich Wirtschaftswissenschaften in Princeton lehrt, hatte seine Kolumne in Berlin verfasst, offenbar beeindruckt von jenen öffentlichen Verkehrsbetrieben, die den Berlinern gerade erst so viel Ärger bereitet hatten. Die vermeintliche Annäherung der Lebensformen, die die Globalisierung in Gang gesetzt hat, ist also durchaus noch eine Frage der Wahrnehmung. Er kenne zwar den deutschen Armutsbericht nicht, sagte Krugman am Mittwoch in der American Academy, aber was Armut wirklich sei, davon hätten die Deutschen doch überhaupt keine Vorstellung.

Nach Berlin war er gekommen, um sein neuestes Buch vorzustellen. „Conscience of a liberal“ nannte es sich in Amerika, der Campus-Verlag gab ihm den Titel „Nach Bush“. Eine größere Freude hätte man dem deutschen Publikum kaum machen können: im Titel das Versprechen auf eine neue, kaum für denkbar gehaltene Ära.

Vor allem wegen seiner Bush-kritischen „Times“-Kolumnen wird der 55-jährige Krugman als das linke Gewissen der USA gefeiert. Doch in Deutschland wirkt seine Hauptforderung an die kommende Regierung in Washington erstaunlich einfallslos: Krankenversicherung für alle. Für Krugman wäre eine solche Zwangsversicherung jedoch der erste Schritt, um den Abbau des amerikanischen Wohlfahrtsstaats aufzuhalten, den die Republikaner – so die These von „Nach Bush“ – seit 30 Jahren aus ideologischen Gründen betreiben.

Was für Roosevelts Amerika der New Deal war, ist für Obamas Amerika die Krankenversicherung. Denn dass der die Wahl noch verlieren könnte, dazu müssten ihn die Republikaner schon als islamistischen Terroristen entlarven, meint Krugman. „Das Amerika, das es in sechs bis acht Jahren geben wird, wird ein viel besseres Land sein.“ Wenn Krugman recht behält, wird Amerika dann Deutschland noch ein Stück ähnlicher sein. Moritz Schuller

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