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PORTRÄT RAINER EBERLE BOTSCHAFTER IN LIBYEN: Von Kabul über Darfur nach Tripolis

Er mag schwierige Ämter in der islamischen Welt. Diese Woche tritt Rainer Eberle als neuer deutscher Botschafter in Tripolis an – als Gesandter eines Landes, dessen Votum im UN-Sicherheitsrat dem Aufstand gegen Gaddafi schon im März das Licht hätte ausblasen können.

Er mag schwierige Ämter in der islamischen Welt. Diese Woche tritt Rainer Eberle als neuer deutscher Botschafter in Tripolis an – als Gesandter eines Landes, dessen Votum im UN-Sicherheitsrat dem Aufstand gegen Gaddafi schon im März das Licht hätte ausblasen können. In die libysche Hauptstadt wechselte der 57-Jährige direkt aus dem Sudan, wo er seit 2008 als Chefdiplomat das Morden in Darfur, aber auch die dramatische Teilung in einen Nord- und Südstaat miterlebte.

Zuvor arbeitete er von 2002 bis 2004 als erster deutscher Botschafter nach dem Sturz der Taliban in Kabul. Damals musste Eberle, der aus Ravensburg in Baden-Württemberg stammt, komplett bei null anfangen. Zwanzig Jahre lang hatte in Afghanistan keine deutsche diplomatische Mission mehr existiert. „Das ist eine einmalige Aufgabe in einer historischen Situation“, schwärmte der diplomierte Volkswirt und Vater von vier Kindern.

Mit dem gleichen Enthusiasmus packt er auch seine neue Aufgabe in Libyen an. Die Botschaftsresidenz blieb praktisch unbeschädigt. Umso mehr aber haben die politischen Beziehungen gelitten, auch wenn sich die neuen Herren nach ihrem Sieg über Gaddafi großzügig geben. Das Thema der deutschen UN-Stimmenthaltung sei erledigt, ließ die Führung des Nationalen Übergangsrates (NTC) verlauten, jetzt müsse man nach vorne schauen. Schließlich liegen nach sieben Monaten Bürgerkrieg beträchtliche Teile der Infrastruktur in Schutt und Asche.

Und so hat das Rennen um neue Aufträge und Lieferungen längst begonnen. Alle wollen an dem Wiederaufbau des zahlungskräftigen, ölreichen Landes mitverdienen. Mit Medikamenten, Autos, Chemieprodukten und Nahrungsmitteln war Deutschland neben Italien zu Gaddafis Zeiten einst zweitwichtigster Handelspartner des Wüstenstaates. Libyen wiederum gehörte neben Russland, Großbritannien und Norwegen zu den wichtigsten Öllieferanten.

Ob die höflichen arabischen Beschwichtigungen an die Adresse Berlins jedoch tatsächlich in einen Neuanfang mit dem Post-Gaddafi-Staat münden, wird auch von dem diplomatischen Geschick Eberles abhängen. NTC-Chef Mustafa Abdel Jalil jedenfalls machte bei der Staatsvisite von Nicolas Sarkozy und David Cameron keinen Hehl daraus, wem in Europa künftig die Gunst gilt. Beim Wiederaufbau Libyens, sagte er, würden Frankreich und Großbritannien „sicher eine zentrale Rolle spielen“. Martin Gehlen

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