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Nivedita Prasad.

© Stefan Röhl

Porträt: „Rassismus ist ein Trauma“

Nivedita Prasad, Beraterin

Nirgendwo ist man so froh darüber, dass Nivedita Prasad mit 18 Jahren doch nicht aus Deutschland abgeschoben wurde, wie in der Protokollabteilung des Auswärtigen Amtes. Ohne die Beratungsstelle „Ban Ying“, die Nivedita Prasad seit 1997 leitet, hätte das Auswärtige Amt nämlich nahezu keine Möglichkeit, zu erfahren, wie es den meistens philippinischen oder indonesischen Hausangestellten vieler Diplomaten in Berlin ergeht. Die Beratungsstelle setzt sich für Frauen ein, die Opfer von Menschenhandel geworden sind, oder eben auch für Menschen, die in Botschaften eher als Sklaven denn als Arbeitskräfte mit Rechten gesehen werden. Und es sind auch seit einiger Zeit nicht mehr nur Frauen, für die „Ban Ying“ kämpft, sondern auch männliche Hausangestellte, die in Diplomatenhaushalten oft auch nicht besser behandelt werden.

Kommende Woche wird Nivedita Prasad, die in Chennai in Indien geboren wurde, als erste Preisträgerin mit dem Anne-Klein-Frauenpreis ausgezeichnet. Klein war im rot-grünen Berliner Wendesenat Frauensenatorin und hat dem Gunda-Werner-Institut der grünnahen Heinrich-Böll-Stiftung eine Schenkung hinterlassen, aus der dieser Preis finanziert wird.

Nivedita Prasad wusste genau, warum sie sich für Migrantinnen einsetzen wollte. Denn sie hat selbst alle Schikanen des Ausländerrechts ertragen müssen. Sie kam 1981 nach Deutschland. Ihre Eltern hatten sich getrennt, die Mutter in Deutschland noch einmal geheiratet. Doch es ging in der Familie nicht gut. Ihre Familie wollte sie drei Jahre später nach Indien abschieben – und das Ausländeramt hatte nichts dagegen. Mithilfe einiger Mitschüler gelang es ihr jedoch, zumindest bis zum Abitur zu bleiben. Nachdem sie jahrelang stets mit Abschiebung hatte rechnen müssen, hat sie inzwischen einen deutschen Pass. Neben ihrer Arbeit für „Ban Ying“ lehrt Nivedita Prasad an mehreren Hochschulen. Ihr Thema ist Menschenrechtsschutz in der Sozialarbeit. Dass Rassismus krank machen kann, ja eine traumatische Erfahrung ist, gehört zu ihren Forschungsergebnissen. Die inzwischen 44-Jährige ist zudem alleinerziehende Mutter einer Tochter.

Nivedita Prasad ist Feministin. Doch das Erste, was an ihr auffällt, ist ihr Pragmatismus und ihre Kreativität. Um beispielsweise Hausangestellten von Diplomaten ihr Dasein etwas erträglicher machen zu können, muss sie oft Wege gehen, die nicht aus dem Lehrbuch stammen.

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