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PORTRÄT RUDOLF JAENISCH GENFORSCHER:: „Ich bin Pessimist“

M an könnte ihn als „Herrn der Gene“ bezeichnen, obwohl ihm der Titel nicht gefallen würde. Zu hochtrabend.

M an könnte ihn als „Herrn der Gene“ bezeichnen, obwohl ihm der Titel nicht gefallen würde. Zu hochtrabend. Und doch, wenn einer den Titel verdient, dann er: Rudolf Jänisch, Mitte 60, Genforscher mit blauen Augen und graugelocktem Haar. Ein ruhiger Typ, zurückhaltend im Ton, hart in der Sache. In den 70er Jahren schuf er die erste gentechnisch veränderte Maus und machte sich schlagartig zum Pionier der Molekularbiologie.

Diese Woche hat er sich wieder ein Stückchen näher an den Nobelpreis herangearbeitet: Es ist ihm gelungen, Hautzellen einer erwachsenen Maus in embryonale Stammzellen zu verwandeln – ein kleines biochemisches Kunststück.

Alle unsere Zellen, aus denen wir bestehen, stammen von einer „Urzelle“ ab, der befruchteten Eizelle. Diese teilt und teilt sich in „embryonale Stammzellen“, die zunächst alle identisch sind. Im Laufe unserer Entwicklung verwandeln sich die Urzellen in Spezialisten: in langgestreckte Hirnzellen oder kugelige Leberzellen und so weiter. Was dabei das Faszinierende ist: Alle Zellen haben genau die gleichen Gene – und doch unterscheiden sich beispielsweise Hirn- und Hautzelle gewaltig. Wie kann das sein?

Jänisch entdeckte die Antwort: Es gibt Moleküle, die sich an die DNS heften und so Gene an- oder abschalten. Diese als „Epigenetik“ bezeichnete („epi“, aus dem Griechischen, heißt auf) Genkontrolle entscheidet über das Schicksal der Zelle: ob aus ihr eine Haut-, Hirn- oder Haarzelle oder was auch immer wird. Nun ist es Jänisch gelungen, die Spezialisierung rückgängig zu machen und erwachsene Zellen wieder in „Urzellen“ zurückzuverwandeln. Aus ihnen lässt sich wiederum Gewebe züchten, das vom Körper nicht abgestoßen wird.

Jänisch – der Vater ein Arzt, der Großvater ein Arzt, studierte Medizin in München, „aber ich verlor das Interesse“. Er wollte forschen. Ging nach Princeton in die USA, kehrte aber immer mal wieder nach Deutschland zurück, auch nach Berlin: 1997 für ein Forschungsjahr. Jetzt ist er wieder in den Staaten, am Massachusetts Institute of Technology in Boston.

Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde er, als vor wenigen Jahren die ersten Menschenklonversuche verkündet wurden. Damals tat er sich mit dem Vater des Klonschafs „Dolly“, Ian Wilmut, zusammen und forderte vor dem US-Kongress: „Don’t clone humans!“ Trotzdem, eines Tages wird es den geklonten Menschen geben, davon ist er überzeugt: „Ich bin ein Pessimist.“ Bas Kast

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