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Porträt Susanna Camusso: „Das kann ein Abenteuer werden“

Die Berlusconi-Jahre haben, neben einigem anderen, auch das früher mythische Bild der Italienerin beschädigt. Es sind die Starlets, Lolitas und Sexarbeiterinnen im Dienste des Premiers, die seit geraumer Zeit die Nachrichten aus Italien bebildern.

Dieses Bild der Italienerin ist nicht gerecht; jenseits des Regierungslagers tut sich was.

Die lombardische Stahlunternehmerin Emma Marcegaglia führt seit 2008 den Arbeitgeberverband Confindustria. Und in dieser Woche hat auch die größte Gewerkschaft zum ersten Mal eine Frau an ihre Spitze gewählt: Die 55-jährige Mailänderin Susanna Camusso, Altphilologin und seit 35 Jahren aktiv in der Gewerkschaft, ist die neue „segretaria generale“ der früher kommunistischen Cgil, der „Confederazione generale italiana del lavoro“. Sie selbst bevorzugt die männliche Form, „Generalsekretär“, so sei es üblich. Arbeitsminister Brunetta, der in seinen Glückwunsch die Hoffnung einflocht, mit der neuen Widersacherin sei vielleicht besser Kirschen essen, beschied sie, er habe wohl ebenso falsche Vorstellungen von Frauen wie vom Arbeitsleben.

Camusso kennt beides. Die jüngste von vier Töchtern einer kleinbürgerlichen Familie begann in der Studentenbewegung Anfang der 70er Jahre, stieß aber schon bald zur Metallarbeitergewerkschaft, für die sie jahrelang Basisarbeit in den damals noch großen Fabriken des Nordens machte. Sie, die nach eigener Aussage in einem Haus voller Bücher aufgewachsen war, half, die Weiterbildung für Arbeiter zu organisieren. 1993 wurde sie in die Führung der Metallergewerkschaft Fiom berufen und in die Verantwortung für das Herzstück der Metallindustrie, die Autosparte. Als sich bei der Fiom der Wind drehte, musste sie gehen: Zu reformistisch war sie und zudem eine aus Bettino Craxis PSI, die Anfang der 90er im Sturm der Korruptionsermittlungen „Mani pulite“ unterging. Obwohl Camusso sagt, sie sei nie eine „craxiana“ gewesen: Ein guter Teil der 21 Gegenstimmen, die sie am Donnerstag kassierte, werden den alten Feindfreunden der Fiom zugerechnet.

Den Tanker Cgil übernimmt die Neue in einer tiefen Krise: Mit den Konkurrenzgewerkschaften Cisl und Uil geht nicht mehr viel gemeinsam. Die anderen hätten es akzeptiert, sagt Camusso kühl, sich von der Regierung gegeneinander ausspielen zu lassen. Bange ist ihr nicht: „Gewerkschafterin zu werden, das wünscht man sich nicht“, sagt die passionierte Seglerin. „Aber es kann ein großes Abenteuer werden.“ Andrea Dernbach

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