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PORTRÄT THE SUN ENGLISCHE BOULEVARDZEITUNG:: „Labour hat seine Chance verspielt“

Sie wird geliebt und gehasst wie eine Person und ihre Stimme hat Gewicht. „The ‚Sun’ says“ steht über ihren Kommentaren und wenn diese auf der Titelseite stehen, horcht das Land auf.

Sie wird geliebt und gehasst wie eine Person und ihre Stimme hat Gewicht. „The ‚Sun’ says“ steht über ihren Kommentaren und wenn diese auf der Titelseite stehen, horcht das Land auf. Am Mittwoch brachte das Boulevardblatt so den Labour-Parteitag in Brighton zum Stillstand.

„Labour’s Lost it“, stand auf der Titelseite der auflagenstärksten britischen Tageszeitung, was für „Sun“-Leser so viel heißt wie: „Labour bekommt’s nicht auf die Reihe“. Die „Sun“ selbst übersetzte es dann: „Nach zwölf langen Jahren an der Macht hat Labour die Richtung verloren. Und die Unterstützung der ‚Sun‘.“ Unter dem Bild von Premier Brown prangte dies in weißen Lettern auf schwarzem Grund, wie im Mai 1997, als auf der Titelseite stand: „Die ‚Sun‘ unterstützt Tony Blair.“ 1992 hatte die „Sun“ Labourführer Neil Kinnock die Wahl vermiest und am Vorabend der Wahl getitelt: „Der Letzte, der das Land verlässt, soll die Lichter ausmachen.“ Am Tag nach der Wahl lautete der Titel: „Die ‚Sun‘ hat gewonnen“.

Beherzt ins soziale und politische Geschehen einzugreifen, ist für britische „Red Tops“ selbstverständlich. Auflage wird mit einer kämpferischen Linie gemacht. Erst vor ein paar Wochen schrieb die „Sun“: „Hat Gordon Brown vergessen, dass Krieg ist?“ und begann eine Kampagne für Soldaten. Labour habe schon lange unter Beobachtung gestanden, hieß es. Nun wird die „Sun“ die Tories von David Cameron unterstützen.

Die „Sun“ begann ihr Dasein 1964 als Neugründung der Gewerkschaftszeitung „Daily Herald“. Aber niemand wollte das Kampfblatt der Labour-Bewegung lesen. So konnte der unbekannte australische Geschäftsmann Rupert Murdoch die marode Zeitung 1969 für nur 800 000 Pfund kaufen. Ein Jahr später erschien das erste Busenwunder auf der Seite 3. Mit Sex, Klatsch und Politik wurde die „Sun“ das Fundament von Murdochs Medienreich.

„Wir hätten diese Entscheidung nicht ohne unseren Verleger getroffen“, gab Kolumnist Trevor Kavanagh zu. Murdoch war ein Blair-Mann – spätestens seit Blair 1997 eigens nach Australien geflogen war, um sich dessen Unterstützung zu sichern. Brown wischte den Schlag gestern weg: „Nicht Zeitungen, Leute entscheiden Wahlen.“ Tatsächlich spricht viel dafür, dass die „Sun“ die öffentliche Meinung weniger prägt, als dieser auflagenfördernd folgt. Was für Brown auch nicht tröstlich ist. Die „Sun“ stand immer auf der Seite der Sieger. Matthias Thibaut

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