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© dpa

PORTRÄT ULLRICH SIERAU WAHLSIEGER IN DORTMUND:: „Ich habe nichts verbrochen“

Aus dem Autoradio will er von dem Finanzloch im Stadthaushalt erfahren: Trotzdem gerät Dortmunds neugewählter Oberbürgermeister unter Druck

Der Satz ist klar, aber er hilft dem Mann nicht wirklich. Seit Tagen wiederholt Ullrich Sierau in unzähligen Varianten, dass er sich persönlich nichts vorzuwerfen habe. „Ich habe ein reines Gewissen“, hat er gesagt und anschließend erzählt, dass er aus dem Autoradio erfahren habe, wie dramatisch sich die Finanzlage der Stadt entwickelt hat. Obwohl es niemanden gibt, der mit letzter Sicherheit behaupten kann, dass Sierau die Unwahrheit sagt, befindet er sich politisch in einer fast ausweglosen Situation.

Am Tag nach Sieraus überraschend klarer Wahl zum Oberbürgermeister konnte nämlich nicht nur der Sozialdemokrat aus dem Autoradio erfahren, dass sein noch amtierender Amtsvorgänger gemeinsam mit der Kämmerin der Stadt eine Haushaltssperre verhängt und ein Loch im laufenden Etat von rund 100 Millionen Euro offenbart hat. Oberbürgermeister Langemeyer wie Kämmerin Uthemann gehören ebenfalls der SPD an; beide hatten vor der Wahl öffentlich abgewiegelt und alle Spekulationen über ein Haushaltsloch abgetan. Dass dieses Duo die Öffentlichkeit belogen hat, steht seither fest; ob es ein Wahlbetrug ist, wie der christdemokratische Regierungspräsident behauptet, werden nun Gerichte beurteilen müssen.

Das alles ist für Ullrich Sierau mehr als peinlich. Mehr noch, man spürt, dass dem 53-Jährigen die Attacken der Opposition – auch die Landes-CDU hat das Thema inzwischen für sich entdeckt – zusetzen. Am Wochenende ließ Sierau durchblicken, dass er sich einen Amtsverzicht vorstellen könne.

Der Mann hat in der Vergangenheit stets im Hintergrund gearbeitet. Nach einem Studium der Raumplanung war er lange Jahre im Düsseldorfer Städtebauministerium tätig, seit zehn Jahren ist er Planungsdezernent in Dortmund. In der Städtebauszene kennt man ihn, an den vielen Intrigenspielen der Dortmunder Sozialdemokraten hat er sich bis vor kurzem nicht beteiligt. Deshalb war die Frage aufgetaucht, ob er all die politischen und juristischen Attacken würde durchstehen können, die jetzt auf ihn zurollen. Einstweilen hat er die Frage klar beantwortet. „Ja, ich nehme die Wahl an, auch wenn die Lage ernst ist“, sagte er am Montag. Wenn er das wahr macht, muss er als Erstes ein Abwahlverfahren des Rates durchstehen und anschließend vor Gericht ziehen. Sein politisches Schicksal liegt dann in den Händen der Juristen. So hatte er sich seinen Amtsantritt nicht vorgestellt.Jürgen Zurheide

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