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Porträt: "Worte können unsere Gefühle nicht fassen"

Amy und Randy Loughner, Eltern des Attentäters von Tucson, USA.

Sie lebten schon immer zurückgezogen. Wayne Smith, der einzige Nachbar, der jetzt Kontakt hält, kannte nicht mal den Nachnamen der Familie in dem einstöckigen Wohnhaus im Ranch-Stil schräg gegenüber. Und umgekehrt kannten die seinen Nachnamen nicht, obwohl man seit 30 Jahren nebeneinander lebte. Amy und Randy Loughner gingen nicht zu Nachbarschaftsfesten und hielten kaum Schwätzchen über den Gartenzaun. Die Bepflanzung rund um ihr Zuhause schützt vor Blicken: Kakteen, Büsche und Palmen verdecken die Fenster. Das Viertel am nördlichen Stadtrand von Tucson zeigt die Folgen der Wirtschaftskrise: abgestellte Brunnen, Risse im Asphalt, viele Autos sind rostig, manche haben platte Reifen.

Als die Loughners am Samstag nichts ahnend vom Einkaufen zurückkamen und fassungslos waren, dass Polizeiwagen mit Blaulicht vor ihrem Grundstück standen und Uniformierte ihr Haus wie einen Tatort mit Absperrband isolierten, klärte Smith sie auf: Ihr 22-jähriger Sohn Jared habe kurz zuvor sechs Menschen erschossen und 14 weitere mit einer halbautomatischen Pistole verletzt. „Sie wurde fast ohnmächtig. Er setzte sich auf die Straße und weinte“, sagt Smith. Seither bringt er ihnen die Post rein und was sie sonst benötigen, damit sie nicht vor die Tür müssen. Die Medien belagern das Haus mit unzähligen Kameras.

Smith kündigte am Montag an, dass die Eltern eine Stellungnahme vorbereitet haben, aber nicht wissen, wann sie die herausgeben. In der Nacht zu Mittwoch wurde den Reportern ein Computerausdruck von sechs breiten Zeilen ausgehändigt: „Es gibt keine Worte, die ausdrücken können, wie wir fühlen. Wir wünschten, es gäbe sie, damit ihr euch besser fühlen könnt. Wir verstehen nicht, warum dies geschehen ist. Es macht jetzt wohl keinen Unterschied mehr. Aber wir wünschten, wir könnten die abscheulichen Ereignisse vom Samstag ändern.“ Die Unterschrift lautet: „die Loughner Familie“.

Die Eltern haben es nicht kommen sehen, haben sie den Ermittlern gesagt. Sie wussten, dass ihr Sohn seit Jahren Probleme hatte: Schulabbruch und Drogen. Aber das allein macht keinen Massenmörder. In Jareds Tresor wurde ein Brief von 2007 gefunden, in dem sich die Abgeordnete Gabrielle Giffords bedankt, dass Jared zu einer Wahlveranstaltung gekommen war. „Stirb, Hure!“, hat er darauf geschrieben. Und: „Tod den Bullen!“ Eltern und Sohn haben offenbar kaum über ihre Gefühle gesprochen. Christoph von Marschall

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