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PORTRÄT YUSUF ZIYA ÖZCAN: "Alle Verbote gehören abgeschafft"

Das Kopftuchverbot an den Universitäten in der Türkei könnte bald gelockert oder aufgehoben werden. Staatspräsident Abdullah Gül ernannte jetzt einen Verbotsgegner zum neuen Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz YÖK.

Schon bei seinem Amtsantritt kündigte der neue YÖK-Chef, der angesehene Soziologe Yusuf Ziya Özcan, Reformen an. Da der Kopftuchbann an türkischen Unis gesetzlich nie geregelt wurde, hat die Hochschulbehörde großen Einfluss darauf, ob und wie das Verbot angewendet wird. Der Wechsel bei YÖK erfolgte wenige Tage vor der Vorstellung eines Verfassungsentwurfs der Regierungspartei AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, der ebenfalls für ein Ende des Kopftuchverbots plädiert.

Gleich nach seiner Ernennung machte Özcan deutlich, dass er sich um eine Lösung der Kopftuchfrage bemühen will. Er wolle, dass die Universitäten Orte des freien Gedankens würden, sagte er. „Alle Verbote gehören abgeschafft.“

Das erste Kopftuchverbot in der Türkei war 1981 von den Militärs erlassen und acht Jahre später vom Verfassungsgericht festgeschrieben worden – ein gesetzliches Verbot gibt es bis heute nicht. Das Europäische Menschenrechtsgericht bestätigte vor drei Jahren zwar, dass der türkische Staat das Recht habe, Kopftücher an den Unis zu verbieten. Von einer Pflicht zum Verbot war in dem Urteil aber keine Rede. Entsprechend viel Spielraum haben die türkischen Hochschulverwaltungen beim Umgang mit dem Kopftuch. Einige liberale Unis wie die angesehene Bosporus-Universität in Istanbul lassen Studentinnen mit Kopftuch weitgehend gewähren, während viele andere Hochschulen alle Kopftücher verbannen.

In Umfragen sprechen sich regelmäßig drei von vier Türken für eine Freigabe des Kopftuches an Hochschulen aus. Die kemalistischen Eliten in Justiz, Verwaltung, Militär und Medien verteidigen das Verbot aber als notwendiges Werkzeug zur Eindämmung des politischen Islam.

Erdogans AKP will die Kopftuchfreiheit in der neuen Verfassung festschreiben lassen. Junge Frauen dürften nicht mehr vor die Wahl zwischen ihrem Glauben und ihrer Bildung gestellt werden, sagt der Verfassungsrechtler Ergun Özbudun, der an der Ausarbeitung des AKP-Entwurfs beteiligt war. Der Verfassungsentwurf soll an diesem Samstag offiziell vorgestellt und den Türken im kommenden Jahr in einem Referendum vorgelegt werden. Susanne Güsten

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