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Gaddafi-Sohn Saif el Islam.

© dpa

Portrait Saif al-Islam: "Bis zur letzten Patrone"

Der zweite Spross des exzentrischen Staatschefs Muammar al-Gaddafi agierte Jahre lang als liberales Aushängeschild des Regimes. Doch nun sind in Libyen die Fronten endgültig geklärt.

In der Nacht zu Montag ließ auch er seine Maske fallen. Er stehe als „Führer der Schlacht um Tripolis“ hinter seinem Vater. Man werde bis zur letzten Patrone kämpfen, ließ Saif al-Islam („Schwert des Islam“) per Fernsehansprache das Volk wissen. Und dann warnte der zweite Spross des exzentrischen Staatschefs Muammar al-Gaddafi, der sich jahrelang als weltläufiger Reformer und Champion für die Anliegen der Jugend geriert hatte, die Demonstranten vor Blutbad und Bürgerkrieg. Damit aber sind in Libyen die Fronten endgültig geklärt zwischen dem Regime und seinen Gegnern. Es gibt keine Verhandlungen, es gibt keinen Mittler, es gibt nur Sieg oder Untergang. Dabei galt Saif al-Islam als der Weltoffenste und politisch Modernste unter den sieben Kindern des Beduinenoberst, der offiziell in zweiter Ehe verheiratet ist. In seiner Funktion als Chef der „Gaddafi-Stiftung für internationale Wohlfahrt und Entwicklung“ agierte er Jahre lang nach außen und nach innen als liberales Aushängeschild des Regimes.

Denn niemand durfte die inneren Missstände in Libyen so offen anprangern wie der stets sportlich und modisch gekleidete 38-jährige. So forderte er in den letzten Jahren die gleichen Reformen, die sich viele Demonstranten an ihrem ersten „Tag des Zorns“ ebenfalls auf die Fahnen geschrieben haben: eine Verfassung für Libyen, mehr Respekt für die Menschenrechte und eine Öffnung der Wirtschaft. „Wir haben keine unabhängigen Medien, keine politische Kultur und eine sehr schwache Zivilgesellschaft“, kritisierte er und sprach von einem „Mangel an Vertrauen“ in die Staatsführung, einem „Mangel an Kompetenz“ in den Ministerien und einem „Mangel an Effizienz“ im gesamten Staatswesen.

Geboren wurde Saif al-Islam am 25. Juni 1972 in Tripolis. Er studierte Architektur an der Universität von al-Fatih und anschließend Wirtschaftswissenschaften an der privaten Handels- und Wirtschaftuniversität Imadec in Wien. In dieser Zeit freundete er sich mit dem 2008 tödlich verunglückten Rechtspopulisten Jörg Haider an. Später promovierte er an der „London School of Economics“ über die Rolle von Nichtregierungsorganisationen und die Kriterien für gute Regierungsarbeit. In den letzten Jahren residierte der Hobbymaler in einem großen Anwesen am Stadtrand von Tripolis. Die Vorliebe seines Vaters für Zelte teilt er nicht. Seine Ausstellung „Die Wüste schweigt nicht“ mit rund 30 Ölbildern war 2002 in Paris und Berlin zu sehen, später auch in Madrid. Nach Enthüllungen bei Wikileaks lenkt auch er – wie alle seine Geschwister – einen Teil der Erlöse der „National Oil Company“ in die eigene Tasche. Ende letzten Jahres kam es schließlich zum offenen Zerwürfnis zwischen Saif al-Islam und der alten Garde um seinen Vater Muammar. Doch seit dem Volksaufstand hat die Familie offenbar ihre Reihen wieder dicht geschlossen – kein Wunder angesichts des drohenden gemeinsamen Untergangs.

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