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Positionen: Dürfen Muslime in Deutschland Moscheen bauen?

Religionsfreiheit gilt auch für Muslime. Sie ist allerdings keine Einbahnstraße. Ein Gastkommentar von Georg Kardinal Sterzinsky

Die Antwort ist klar: Ja, selbstverständlich dürfen Muslime in Deutschland Moscheen bauen. Das ergibt sich schon aus dem grundgesetzlich garantierten Recht auf Religionsausübung. Aber auch unabhängig vom Grundgesetz anerkennt die katholische Kirche das Recht auf Religionsfreiheit, so dass sie dauerhaft in Deutschland lebenden Muslimen das Recht, angemessene und würdige Moscheen zu errichten, nicht absprechen kann.

In den letzten Monaten wurde immer wieder über die Planungen zum Bau bestimmter Moscheen gestritten, beispielsweise in Köln, aber auch in Berlin. Hier erregen derzeit insbesondere geplante Moscheen in Pankow-Heinersdorf und in Charlottenburg die Gemüter. In Heinersdorf agitiert eine Bürgerinitiative gegen ein Bauvorhaben der Ahmadiyya-Gemeinde und begründet ihre Einspruch damit, dass die Gemeinde eine unberechenbare Sekte sei, von der im übrigen niemand vor Ort wohne. In der Nähe des Charlottenburger Mierendorffplatzes möchte der Verein Inssan einen Kultur- und Moscheekomplex errichten. Wie der Tagesspiegel berichtete, soll allein das Grundstück 2,9 Millionen Euro kosten. Den größten Teil der Kosten wolle der vierzigköpfige Verein durch Spenden aus arabischen Ländern finanzieren.

Das Vorhaben in Charlottenburg zeigt, welche Fragen häufig im Zusammenhang mit geplanten Moscheen aufgeworfen werden. Etwa: Dienen so große Komplexe mit Einrichtungen, die nicht unmittelbar für die Religionsausübung bestimmt sind, wirklich der Integration? Oder wird durch sie die Tendenz zur Abschottung und zu Parallelgesellschaften verstärkt? Was für eine Interpretation des Islam vertritt der Träger der Moschee? Ist sie mit dem Grundgesetz verträglich? Was sind die Geldquellen? Und welche Ziele verfolgen die Geldgeber? Ich meine, dass sowohl die Anwohner als auch der Staat ein berechtigtes Interesse an Transparenz und an der Beantwortung solcher Fragen haben. Es muss auch ernst genommen werden, dass Inssan Verbindungen zu Islamisten vorgeworfen werden, und geprüft werden, ob die Vorwürfe zutreffend sind.

Es ist also geboten, bei geplanten Moscheebauten genau hinzuschauen. Richtig ist, dass angesichts der dauerhaften Präsenz von Muslimen in Deutschland und Europa sowie des absehbaren Wachsens dieser Gemeinschaften der Weg weg von den Hinterhöfen hin zu erkennbaren Moscheen beschritten wird. Richtig ist aber auch, dass dabei das rechte Maß gewahrt wird. Moscheen sollen würdig sein. Aber muss ein Moscheebau so dimensioniert sein, dass zumindest der Eindruck entstehen kann, eine Machtdemonstration sei beabsichtigt? Werden Moscheen dann noch – wie in Deutschland öfter – nach dem Eroberer Konstantinopels Fatih-Moschee, also Eroberer-Moschee, benannt, wird das leicht als Provokation empfunden.

Wenn Intellektuelle wie Ralph Giordano, die Sozialwissenschaftlerin Necla Kelek, die Schriftsteller Dieter Wellershoff und Günter Wallraff, der Historiker Hans-Ulrich Wehler oder der Künstler Klaus Staeck sich mit teils drastischen Worten gegen den Bau großer Moscheen aussprechen, lässt dies aufhorchen. Die zugrunde liegenden Bedenken sollten ernst genommen werden.

Aus Überzeugung tritt die katholische Kirche für die Religionsfreiheit der Muslime in Deutschland ein. Natürlich setzen wir uns auch für die Religionsfreiheit von Christen in islamischen Staaten ein. In solchen Ländern sind Christen oft Benachteiligungen und Diskriminierungen ausgesetzt. Dort geht es in der Praxis allenfalls um den Bau kleiner Kirchen, sehr wohl jedoch um die Möglichkeit, die eigene Religion ohne Angst vor Verfolgung praktizieren zu können. Wir machen unser Verhalten nicht abhängig von Entscheidungen und Verboten in anderen Ländern. Ich meine jedoch, es würde die Akzeptanz von Muslimen in Deutschland fördern, wenn sie sich auch deutlich für Glaubensfreiheit der Christen in ihren Herkunftsländern aussprechen würden.

Der Autor ist Erzbischof von Berlin.

Georg Kardinal Sterzinsky

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