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POSITIONEN: Sie sollen töten – und müssen lügen

Der Einsatz in Afghanistan benötigt ein ehrliches Mandat

Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder sprach nach den Anschlägen vom 11. September 2001 von „Krieg“ und versicherte die USA „uneingeschränkter Solidarität“. Auch die Nato stellte den Bündnisfall fest. Schröder verlangte von den Grünen, sich der Koalition der Willigen anzuschließen. Vor die Wahl zwischen Frieden oder dem Verlust der Regierungsbeteiligung gestellt, entschieden sich Fischer, Trittin und Künast für Krieg, der aber wie Frieden auszusehen hatte.

Stell dir vor, es ist Krieg – und keiner nennt ihn so. Um nicht für ihren Krieg einstehen zu müssen, hatte Rot-Grün verbreitet, ihre Soldaten seien zur Bewachung von Brunnen geschickt, sozusagen dem Technischen Hilfswerk unterstellt. Die Folge sind bis auf die Zähne bewaffnete Krieger, die, gefragt nach ihrem Einsatz, erklären, sie wollten Brunnen bewachen. Hier hat die Verzweiflung der deutschen Soldaten ihren Ursprung. Sie sollen töten und müssen lügen – und halten diese Schere in ihrem Kopf nicht aus.

Der Einsatz in Afghanistan war aber gerade nie Blauhelmmission, bei der es nur Selbstverteidigung gibt, sondern eine „friedenserzwingende Maßnahme“ unter Leitung der Nato. Für Selbstverteidigung, also Zurückschießen auf einen gegenwärtigen Angriff, braucht man keine Genehmigung, ob in Kladow, Kansas oder Kundus.

In Afghanistan dürfen die Soldaten aber auch zuerst schießen. Sie dürfen Taliban töten, auch wenn die gerade Benzin tanken oder Ziegen hüten. Hier hatte die rot-grüne Bundesregierung gezielt die Republik belogen. Sie redete von „Schutztruppe“, um zu verschleiern, dass sie Deutschland in den ersten wirklichen Krieg nach 1945 geführt hatten.

Das Tor hätte für die Union und erst recht die FDP weit offen gestanden, sich auf Kosten der Regierung zu profilieren, aber im Krieg macht man so was nicht, auch wenn der nicht der eigene, rechtlich fragwürdig und tatsächlich vermeidbar war. Verteidigungsminister Rudolf Scharping ist also nicht darüber, sondern über öffentliche Badefreuden mit Dame gestolpert.

Der schon immer auf rot-grünem Ticket befehligende, von Scharping berufene Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan rät Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg – völlig neu im Amt –, den Einsatz als angemessen zu bezeichnen. Wie in geheimer Arbeitsteilung zerreißen daraufhin Schneiderhans Förderer, allen voran Trittin, Gabriel und Steinmeier den CSU-Minister. Der Generalinspekteur der Opposition schickt seinen Vorgesetzten Guttenberg ins Mündungsfeuer seines eigenen Lagers.

Schneiderhan war politischer Beamte. Als solcher konnte er jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden, weil er das unbedingte Vertrauen seines Ministers brauchte. Es ist unstreitig, dass er seinem Minister die Einschätzung der eigenen Feldjäger, die aussagefähiger als die von US-General Stanley McChrystals Leuten ist, vorenthalten hat. Guttenberg entließ ihn. Jetzt dient sich Schneiderhan seinen früheren Gönnern an. Er verbeißt sich in seinen Minister und bezichtigt ihn öffentlich der Lüge, ein in der Geschichte der Bundesrepublik einzigartiger Vorgang. Für eine Unterschlagung von Dokumenten habe ihm der Vorsatz gefehlt. Was für eine Begründung.

Letztlich ging es um den höchsten Militär und den Staatssekretär, die wohl übereinstimmend der Ansicht waren, es sei völlig unerheblich, wer unter ihnen Verteidigungsminister ist. Die Demokratie mag so etwas nicht. Und keine Beamten, die auf Belohnung von Illoyalität durch politische Parteien hoffen. Und keine grünen Politiker, die einen Krieg beginnen.

Jetzt sollte die Bundesregierung ein neues, ehrliches Mandat für eine kriegerische Auseinandersetzung mit Zweidrittelmehrheit beantragen. Stehen die Urheber dieses Krieges – SPD und Grüne – dann nicht mehr zu ihrer Entscheidung und entdecken ihre Friedensliebe neu, sollten wir das Land verlassen und General McChrystal für die Entscheidungshilfe danken. Zu gewinnen ist ein Bürgerkrieg für ein derart korruptes und demokratisch nicht legitimiertes Regime ohnehin nicht.

Der Autor ist Rechtsanwalt in Berlin.

Andreas Thomsen

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