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Prior von Taizé: "Jugendliche dürfen auf der Suche sein"

1949 hatte der Franzose Roger Schutz in Taizé eine ökumenische Bruderschaft gegründet. Seit dieser von einer geistig verwirrten Frau im Gottesdienst ermordet wurde, ist der 57-jährige Alois Löser Prior.

Orangefarbene Tücher hängen im Chorraum, die Kirche von Taizé im Burgund ist von Kerzen erleuchtet. Bruder Alois Löser trägt ein weißes Ordensgewand, er ist umgeben von unzähligen Jugendlichen aus ganz Europa. Gemeinsam singen sie einen lateinischen Choral: „Laudate omnes gentes, laudate dominum.“ Ähnliche Szenen werden in dieser Woche auch in Berlin zu beobachten sein. Am Mittwoch beginnt das europäische Jugendtreffen der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé, zu dem bis Neujahr 30 000 Jugendliche in der Hauptstadt erwartet werden.

1949 hatte der Franzose Roger Schutz in Taizé eine ökumenische Bruderschaft gegründet. Durch ihre Jugendtreffen wurde sie weltbekannt. 200 000 Menschen pilgern jährlich in das kleine Dorf. „Jugendliche entdecken in Taizé, dass sie auf der Suche sein dürfen“, beschreibt Bruder Alois die besondere Faszination, die von der Ordensgemeinschaft auf Teenager aus ganz Europa ausgeht. Seit 2005, seit Roger Schutz von einer geistig verwirrten Frau im Gottesdienst ermordet wurde, ist der 57-jährige Löser Prior. Als 19-Jähriger trat er der Bruderschaft bei, zuvor hatte er selbst mehrfach an den Jugendtreffen teilgenommen. „Die Jugendlichen fragen heute, was Glauben überhaupt heißt“, sagt Bruder Alois in einem Interview. Viel stärker als früher seien sie auf der Suche nach dem Glauben und nach Orientierung. In Taizé bemühen sich die Brüder, den Jugendlichen dabei zu helfen, mit schlichten Gesängen bei Kerzenschein, Diskussionen und dem einwöchigen Leben in einer Gemeinschaft. Die Brüder selbst leben mit ihrem einfachen Lebensstil das Evangelium vor, eine Einfachheit, die auch Löser beeindruckte, als er als Jugendlicher erstmals nach Taizé kam.

Vor allem geht es den Brüdern um Frieden und Versöhnung. Mit den Jugendlichen wollen sie darüber nachdenken, wie christlicher Glaube heute gelebt werden kann. Und sie wollen Hilfsgüter sammeln, medizinisches Material für Krankenhäuser in Nordkorea. Das passt zu einer Gemeinschaft, deren Prior in den 80er Jahren mit einem Touristenvisum die Christen in den Ländern jenseits des Eisernen Vorhangs besuchte. Und deren Brüder heute nicht nur im Burgund, sondern auch in Elendsvierteln von Bangladesch, im Senegal oder Brasilien leben. „Der Weltfrieden beginnt in den Herzen“, schreibt Bruder Alois in seinem Jahresbrief für 2012. Gewalt dagegen könne „kein Mittel zur Gesellschaftsveränderung sein“.

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