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Proteste in der Türkei: Näher an Europa

Die türkische Regierung und ihre Polizei sind in den letzten Wochen völlig zu Recht vom Westen für ihr gewaltsames Vorgehen gegen die Protestbewegung im Land gescholten worden. Methoden eines Polizeistaates wurden mitunter sichtbar.

Die türkische Regierung und ihre Polizei sind in den letzten Wochen völlig zu Recht vom Westen für ihr gewaltsames Vorgehen gegen die Protestbewegung im Land gescholten worden. Methoden eines Polizeistaates wurden mitunter sichtbar. Im Schlachtenlärm sind aber einige wichtige Dinge untergegangen. Denn die Unruhen lassen sich durchaus als Hinweis darauf lesen, dass sich die Türkei schneller demokratisiert als ihr Ministerpräsident. Erdogan, der in seinen ersten Regierungsjahren die Demokratisierung so energisch vorantrieb wie kein türkischer Premier vor ihm, hat jetzt erhebliche Schwierigkeiten, die Langzeitwirkung seiner eigenen Reformen auf die Bevölkerung zu verstehen. Wenn er die Ursache für die Protestwelle in angeblichen Verschwörungen im Ausland sucht, ist der Ministerpräsident blind dafür, was die Demonstranten eigentlich von ihm wollen: Achtung von Privatsphäre und Minderheitenrechten. Nix Revolution, nix Arbeiteraufstand – die Gezi-Leute wollen im Grunde vom Staat in Ruhe gelassen werden. Regierungen anderer Länder träumen von solchen Demonstranten. Im Gezi-Park protestierte die erste Generation von Türken, die sich nicht mehr daran erinnern kann, dass Polizisten Demonstranten zuerst zusammenschießen und dann foltern. Es ist auch die erste Generation im Land, die den Staat nicht mehr für allmächtig hält. Damit haben die Gezi-Unruhen gezeigt, wie europäisch viele Türken inzwischen sind.sei

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