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Meinung: Pudel in Uniform

Das Kommando Spezialkräfte in Afghanistan (KSK) braucht einen klaren Auftrag Von Benjamin Schreer und Timo Noetzel

Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) beschimpfen den Türken Murat Kurnaz in einem afghanischen Gefängnis. Von Alkoholexzessen im Einsatz ist ebenso die Rede, auch von einer katastrophalen Versorgungslage in Afghanistan: Die bisherigen Anhörungen vor dem Kurnaz-Untersuchungsausschuss des Bundestages zeichnen ein düsteres Bild dieser Eliteeinheit. Der Fall KSK offenbart dabei die zentrale Problematik des Einsatzes deutscher Streitkräfte in Afghanistan insgesamt.

Im Kern geht es um einen zunehmend schwierigen Spagat für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik: Einerseits dem Drängen von Verbündeten nach einer Beteiligung an Kampfeinsätzen nachzukommen, andererseits in der Öffentlichkeit ebendiesen Eindruck vermeiden zu wollen. Die Folge ist eine taktisch-operative Beschneidung der Bundeswehr in Afghanistan, die ihrem Auftrag so kaum nachkommen kann. Die Soldaten des KSK sind da keine Ausnahme, vielmehr sind sie in besonderem Maße davon betroffen.

Zur Erinnerung: der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder versicherte dem amerikanischen Verbündeten nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 Deutschlands uneingeschränkte Solidarität. Dies umfasste auch die militärische Unterstützung für den Kampf gegen den Terrorismus. Besonders interessiert waren die amerikanischen Streitkräfte an der Fähigkeit des KSK, verdeckt gegen Al Qaida operieren zu können. Der politische Wille in Berlin war jedoch offenbar ein anderer. Die Entsendung der Spezialkräfte sollte Solidarität mit den Verbündeten demonstrieren, eine Beteiligung an Kampfeinsätzen jedoch möglichst ausbleiben. Das KSK wurde als militärische Speerspitze der Bundeswehr im Kampf gegen den Terrorismus deklariert und sein Einsatz ließ zunächst auch alle kritischen Stimmen ob der Authentizität des deutschen Beitrages verstummen. Die Einsatzrealität zeigte allerdings schnell, dass das KSK zum damaligen Zeitpunkt nicht nur materiell unzureichend ausgestattet, sondern offenbar auch ohne den nötigen politischen Rückhalt für einen Kampfeinsatz war. Nie für längere Kontingenteinsätze konzipiert und ohne eigene Aufklärungs-, Führungs- und Transportmittel, waren die KSK-Soldaten vollständig auf den amerikanischen Verbündeten angewiesen; dieser verlor jedoch aufgrund der restriktiven Einsatzregeln für das KSK bald das Interesse an dem deutschen Spezialverband.

Der Eindruck drängt sich auf, dass das KSK in erster Linie als politisches Faustpfand gegenüber dem Verbündeten diente; Kampfunterstützung ja, Kampfbeteiligung nein. Ein letztendlich unausführbarer Auftrag. Die in den kommenden Monaten unausweichliche Debatte über eine deutsche Beteiligung an Kampfeinsätzen der Nato in Afghanistan sollte auch dazu genutzt werden, die Rolle des KSK als militärisches Instrument im Kampf gegen Aufständische und Terrornetzwerke neu zu bewerten. An die Stelle einer Mystifizierung und einer pauschalen Verurteilung sollte auf Grundlage der bisherigen Einsatzerfahrungen eine nüchterne Bestandsaufnahme über Fähigkeiten und künftige Verwendung dieser Kräfte treten. Die Versäumnisse dann alleine der militärischen Führung beziehungsweise dem KSK anzulasten, wird wohl nicht ausreichen.

Die Autoren sind wissenschaftliche Mitarbeiter bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.

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