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In vielen Ländern gab es Proteste gegen das russische Urteil - hier in Wien.

© Reuters

Pussy Riot-Urteil: Putin und die Punkerinnen

Das Urteil in dem Schauprozess gegen die Punkband „Pussy Riot“ zeigt einmal mehr, dass in Russland nicht das Recht, sondern Willkür herrscht. Die drei verurteilten Künstlerinnen macht das zu Heldinnen wider Willen.

Kein anderer Prozess in Russland hat weltweit so viel Aufmerksamkeit gefunden wie das Verfahren gegen die Punkband „Pussy Riot“. Politiker, Popstars und Bürger ergriffen für die drei Frauen Partei. Größer war die Empörung über das System Putin nie, nicht einmal während des Tschetschenienkrieges. Auch das Verfahren gegen den in Ungnade gefallenen Oligarchen Michail Chodorkowski löste keine vergleichbare Welle der Solidarität aus.

Der Fall Pussy Riot hat alles, was man für eine internationale Solidaritätsaktion braucht: eine eingängige Bildsprache (farbenfrohe Sturmmasken), eine provokative Kunstaktion und eine klare Aufteilung in Gut und Böse. Auf der einen Seite drei junge Frauen, die vor Gericht sowjetische Dissidenten und russische Dichter zitieren, auf der anderen Seite ein unbarmherziges System, das sie hinter Gitter bringt. Drei Feministinnen gegen den übermächtigen Putin, den Mann mit dem mühsam gepflegten Macho-Image. Der internationale Aufschrei hat viele Russen überrascht, denen die Punkrockerinnen und ihre Aktionskunst fremd sind. Den Heldinnen wider Willen gelang, was die Veteranen der russischen Opposition in den zwölf Jahren der Ära Putin nicht geschafft haben: die Weltöffentlichkeit angesichts der autoritären Tendenzen in Russland aufzurütteln und zugleich zu zeigen, wie sich das System selbst ad absurdum führt.

In einem Land, in dem es vor Gericht fast nie zum Freispruch kommt, in dem der Staatsanwalt nach alter sowjetischer Tradition grundsätzlich recht hat, überrascht der Schuldspruch niemanden. Bemerkenswert ist allerdings, mit welcher Härte der Staat gegen die drei Frauen vorgegangen ist, die vor ihrer Aktion höchstens mit einer Geldstrafe gerechnet hatten. Für ihren Schmähgesang auf Putin in einer Kirche müssen sie nun bis 2014 ins Straflager. Die Führung wollte an den drei Frauen offenbar ein Exempel statuieren: Wer die Schranken in Putins Russland übertritt, wer sie gar einreißen will, muss mit allem rechnen.

Bilder: Der Prozess gegen Pussy Riot

Das Urteil setzt die negative Entwicklung der dritten Amtszeit Putins im Kreml fort. Demonstranten müssen hohe Geldstrafen fürchten, Nichtregierungsorganisationen werden als „ausländische Agenten“ gebrandmarkt, Internetseiten gesperrt. Sicherheitskräfte durchsuchten die Wohnungen von Oppositionellen, der Putin-Gegner Alexej Nawalny muss sich vor Gericht verantworten. Der Anwalt Sergej Magnitski starb im Jahr 2009 im Gefängnis, weil er einen gigantischen Steuerbetrug aufgedeckt und die Verantwortlichen angezeigt hatte. Der internationale Aufschrei blieb damals leider aus.

Bilder: Weltweite Proteste gegen den Prozess

All das darf man nicht aus dem Blick verlieren, wenn vom Urteil gegen Pussy Riot die Rede ist. Putins Russland gründet sich auf ein Machtsystem, das überall nur Feinde sieht und gerade dadurch die eigene Brüchigkeit beweist. Der Schauprozess, der zum Teil im Internet übertragen wurde, hat darauf ein weiteres Schlaglicht geworfen. Es geht nicht nur um Pussy Riot, sondern um ein Land, in dem nicht das Recht herrscht, sondern Willkür.

Video: Zwei Jahre Straflager für Pussy-Riot

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