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Noch ist der Helm für die wenigsten Radfahrer selbstverständlich.

© dpa

Radfahrer ohne Fahrradhelm: Helm tragen heißt Haltung zeigen

Wer im Auto ohne Gurt unterwegs ist, fährt kopflos. Für den Schutz von Radfahrern im Straßenverkehr kann da nichts anderes gelten. Höchste Zeit, dass der Bundesgerichtshof an diesem Dienstag den Weg weist - und die Mitschuld bei Unfällen neu regelt

Wenn es keine Pflicht dazu gäbe: Würden Sie ihren Gurt beim Start in den Morgenverkehr dennoch anlegen? Wie wäre es mit den Kindern auf dem Rücksitz? Es gibt nach wie vor Leute, denen das egal ist. Ihnen ist auch eine Gurtpflicht egal, die bei Verstößen ein Bußgeld kostet. Den mehrheitlich verständigen Verkehrsteilnehmern ist es nicht egal. Sie schnallen sich an. Für sich, nicht für den Gesetzgeber. Es hat, über Jahrzehnte, ein Bewusstseinswandel stattgefunden. Wer ohne Gurt unterwegs ist, fährt ohne Kopf.

Manchmal kann es schneller gehen, sogar ohne jede Vorschrift. Am Neujahrstag 2009 prallte der damalige Thüringer Ministerpräsident Dieter Althaus auf einer Skipiste in Österreich mit einer Frau zusammen. Sie starb, er überlebte. Sie trug keinen Helm, er schon. Danach stürmten die Kunden in die Sportgeschäfte. Die Schlangen vor den Skiliften sehen seitdem aus wie Murmelbahnen. Althaus und sein Opfer sind vergessen. Der Helm ist geblieben.

Vor dem Bundesgerichtshof geht es an diesem Dienstag zwar weder um den schicksalhaften Unfall noch die Akzeptanz für Anschnallgurte, sehr wohl aber um die gesellschaftliche Bereitschaft, kollektive Verhaltensweisen zu ändern – oder eben nicht. Gesetze sind eine Möglichkeit, eine andere sind Horrorgeschichten. Wenn die Bundesrichter jetzt wollen, kann es auch ein Urteil sein.

Es geht um die Klage einer Radlerin, die bei einem Unfall schwere Schädelverletzungen erlitten hatte. Die Richter der Vorinstanz lasteten ihr ein Mitverschulden von 20 Prozent an, weil sie keinen Helm trug. Die Radlerlobby empörte sich. Wieso zahlen, wenn es keine Helmpflicht gibt? Vermutlich wird es überwiegend als Sieg der Freiheit, Gerechtigkeit und mutige Tat zum Schutz der Schwachen angesehen, wenn der BGH das vorangegangene Urteil kippt.

Fahrradhelme - nicht nur für den Kopf, sondern auch für das Auge

Zu wünschen wäre jedoch ein anderer Ausgang. Weil er die Schwachen wirklich schützen würde. Helme sind nicht nur etwas für den Kopf, sondern auch für das Auge. Sie signalisieren den Autofahrern: Hier beansprucht einer seinen Platz unter Gleichen. Hier fährt einer, der sich und den Verkehr ernst nimmt. Eine Perspektive, die umso wichtiger wird, je stärker der Radverkehr auf die Straße drängt, wo er letztlich hingehört.

Die wenigsten Radfahrer wissen darum, dass sie sich am rechten Fahrbahnrand halten sollen, zugleich aber Abstand zu parkenden Autos halten dürfen. Im dichten Verkehr bedeutet dies de facto, dass Überholer langsamer fahren oder die Spur wechseln müssen. Gegenseitige Rücksichtnahme dabei ist gut und nötig. Dazulernen müssen jedoch vor allem die Kraftfahrer. Ihnen gehört die Straße nicht mehr allein. Teilen bedeutet für sie Verzicht, für die Radler Gewinn. Gönnen müsste man können.

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