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Rap und Recht: Mist muss nicht strafbar sein

Bürgermeister beleidigen, Hinrichtung spielen - der Berliner Sänger Bushido provoziert mit seiner Rüpelmusik. Trotzdem ist es verkrampft, sich zum Opfer seiner Großmaultexte zu erklären

Fast hätte man ihn vergessen, er heißt Anis Mohammed Youssef Ferchichi, nennt sich Bushido und will demnächst ein neues Album vorstellen. Das ist nicht ungewöhnlich für einen Rapper, doch Ferchichi kann mehr. Er hat sich einen Hörerkreis erschlossen, der über die Fans der etwas eintönigen Musik hinausreicht. Alle hören zu: Politiker, Prominente, Medien und nicht zuletzt die Staatsanwaltschaft – sein Leben mit Halbweltkontakten, seine Lieder, es könnte sich Strafbares finden.

Derzeit sind es die Lieder. Seine Gesangseinlage bei dem Song „Stress ohne Grund“ alarmierte Berlins Regierenden Bürgermeister, es folgten Strafanzeigen. Doch das Amtsgericht Tiergarten lehnt einen Prozess ab. Beleidigung? Nö. Gewaltdarstellung? Gibt Schlimmeres. Volksverhetzung? Nun wirklich nicht! Der Rüpel-Rapper setzt gleich einen drauf und stellt ein Video ins Netz, in dem er über einen Exkumpel aus der Szene herzieht. Ein „Disstrack“, eine Art vertonter Fehdehandschuh, mit gespielter Hinrichtung des „Gedissten“.

Die Welt wäre ein besserer Ort, gäbe es diesen Mist nicht. Aber wäre sie dies auch, wenn das alles strafbar wäre? Die Kritik an Kunst darf geschmäcklerisch sein, ihre Rechte sind es nicht. Rap darf, was Satire darf: Fast alles.

Zur Beleidigung gehören, wie zur Provokation, immer zwei. Wenn Klaus Wowereit empfindlich wird, weil ein notorischer Anti-Schwuler ihn in herabsetzender Form als Schwulen besingt, hätte er sich vielleicht nicht als solcher outen sollen. Schwul ist schließlich keine Beleidigung, sondern Teil sexueller Identität. Es wird sich auch niemand finden, der sich nach Bushidos Zeilen aufgerufen fühlt, Claudia Roth zu töten. Es hat etwas Verkrampftes, sich aus politischen Spitzenpositionen heraus zum Opfer von kleinen Großmaultexten zu erklären.

Aber nun ist es passiert, und Bushido wird sich den sprichwörtlichen Reim darauf machen. Vielleicht haben die Ankläger vor dem Landgericht mehr Glück. Es ist schon eine komische Gesellschaft, die den gebürtigen Deutsch-Tunesier trotz seiner fiesen Musik zum Integrationsbeispiel hochlobt, um sich dann über seine Kunst zu empören. Auch wenn er sich im Wechsel zu seinen aggressiven Auftritten als netter Spießer aus Berlin Südwest präsentiert, Bushido ist kein Bambi, der nur spielen will. Der Mann macht Geschäft. Es ist gut, Distanz zu halten und die Ermittler ihre Arbeit machen zu lassen – wenn die Vorwürfe wichtig sind.

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