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Ratingagenturen und Portugal: Nichts als die Wahrheit

Moody’s mal wieder. Da hat sich die Politik mit Mühe und Not auf ein zweites Rettungspaket für Griechenland geeinigt, da haben sich die Märkte endlich etwas beruhigt, und dann senkt die Ratingagentur ihren Daumen über Portugal.

Das Land könnte ebenfalls ein zweites Rettungspaket brauchen, schreiben die Experten und das Gemeine ist: Kaum haben sie es ausgesprochen, schießen die Zinsen für portugiesische Anleihen in die Höhe. Und je mehr die Regierung für Kredite bezahlt, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie am Ende tatsächlich wieder Geld von der EU in Anspruch nehmen muss. Verständlich, dass sich die Politik jetzt wieder über die allmächtigen Ratingagenturen empört. Jeden Versuch, die Krise zu lösen, machen sie zunichte, zuletzt die Idee, die Banken an der Griechenlandrettung zu beteiligen. Standard & Poor’s beharrt darauf, eine Beteiligung der Investoren einem Zahlungsausfall des Landes gleichzusetzen.

Die Kritik ist aber zugleich auch paradox. Nach der ersten Krise hat man den Ratingagenturen vorgeworfen, dass sie nicht unabhängig sind. Sie sollen Wertpapiere zu positiv benotet haben, weil sie von den Herausgebern dieser Papiere bezahlt werden. Damals wurde gefordert, die Agenturen sollten gefälligst objektiv bewerten. Wenn es aber um Staaten geht, sollen die Unternehmen Verantwortungsbewusstsein zeigen und sich mit ihrer Meinung zurückhalten – selbst wenn sie wie im Falle Portugal nur das aussprechen, was die meisten Experten denken. Das passt nicht zusammen.

Wahr ist: Nicht die Ratingagenturen sind schuld an der dramatischen Verschuldung vieler europäischer Länder, inklusive Deutschland – sondern die Regierungen, die zu feige waren, ihre Wähler vom Sparen zu überzeugen. Wahr ist aber auch: Die führenden drei Agenturen, die US-Firmen Moody’s, Fitch und Standard & Poor’s, haben zu viel Macht. Die hat ihnen aber nicht zuletzt die Politik eingeräumt: Versicherer und Fondsgesellschaft sind gesetzlich dazu verpflichtet, das Geld ihrer Anleger mithilfe von Ratings der großen drei abzusichern, die EZB verlangt dasselbe, wenn sie Geld an Banken ausleiht und dafür Sicherheiten entgegennimmt. Hier muss die Politik ansetzen, will sie das Bewertungskartell aufbrechen. Etwa indem sie ein zweites Gutachten einfordert, das nicht von den Marktführern stammt. Nur so bekommen Wettbewerber eine Chance, auch die aus Europa. Um die Wahrheit dürfen sich aber auch die nicht drücken.

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