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Meinung: Rechnung an den Steuerzahler

Ein Skandal? Das sagt sich leicht; wenn es um Parteispenden geht gleich drei Mal leichter, weil von der Spendenpraxis der Parteien nicht erst seit dem CDU-Skandal jeder Bürger jederzeit alles Schlechte zu glauben bereit ist.

Von Robert Birnbaum

Ein Skandal? Das sagt sich leicht; wenn es um Parteispenden geht gleich drei Mal leichter, weil von der Spendenpraxis der Parteien nicht erst seit dem CDU-Skandal jeder Bürger jederzeit alles Schlechte zu glauben bereit ist. Kein Skandal, sagt die CSU. Das sagt sich auch leicht. Nicht ganz so leicht ist es allerdings, die Wahrheit herauszufinden. Für letzte Klarheit ist es zu früh. Versuchen wir es also mit ein paar vorletzten Klarheiten.

Was ist passiert? Die CSU hat sich von Gönnern einen Haufen Abonnements der Parteizeitung "Bayernkurier" und eines weiteren Hausblatts namens "Münchner Brief" bezahlen lassen. Diese Abo-Exemplare sollte, so die Vereinbarung mit dem Spender, die Partei nach Gutdünken verteilen - an Altenheime oder Studenten oder an wen auch immer. Der Spender bekam eine Spendenquittung über die volle Abo-Summe. Von der Spende ging die Hälfte an einen privaten Spenden-Werber, der im Auftrag der CSU die Abonnements vermittelte. Der Spender wiederum konnte die Spende steuerlich absetzen - so bekam er bis zur Hälfte der Summe vom Staat zurück. Die CSU erhielt für jede Spenden-Mark 50 Pfennig vom Bundestagspräsidenten, also ebenfalls die Hälfte vom Staat. Die Folge: All diese "Bayernkuriere" hat praktisch der Steuerzahler finanziert, die CSU bekommt obendrein die Reklame via Parteizeitungsfreiexemplar umsonst.

"Skandal", ruft der Bürger, und man kann es ihm nicht verdenken. In der Tat ist eine solche Konstruktion mit normalem Verstand kaum nachvollziehbar. Das macht sie allerdings nicht illegal. Es ist zum Beispiel vielleicht ein bisschen dämlich von der CSU, ihren Spendenwerbern eine fürstliche Provision zu gewähren. Verboten ist es aber nicht, und Betrug am Spender ist es ebensowenig: Es steht jeder Partei frei, Spendengeld zum Fenster hinauszuwerfen.

Zweitens: Es ist keine geniale Methode, die staatliche Parteienmitfinanzierung in Teilen an den Spenden-Werbe-Erfolg einer Partei zu binden - aber genau so sieht es das Gesetz nun einmal vor. Dahinter steckt die Grundidee, dass, wer viele ihm geneigte Gönner findet, ja offenbar politisch erfolgreich in der Gesellschaft verankert ist. Die Idee war schon falsch, als sie geboren wurde. Der Fall "Bayernkurier" zeigt nur ein weiteres Mal, zu welch abstrusen Auswüchsen sie führt: Statt den politischen Rückhalt einer Partei anzuzeigen, misst das Spenden-Thermometer, wie gewieft parteieigene Experten die vom Gesetzgeber geschaffenen Möglichkeiten auszunutzen verstehen.

Bis zu diesem Punkt ist das alles vielleicht nicht schön. Mit gesundem Menschenverstand hat es auch nicht viel zu tun. Aber es ist im Prinzip erlaubt. Im konkreten Fall bleibt zur Beantwortung der Frage "Skandal oder kein Skandal" zu klären, ob die CSU wirklich nur legale Möglichkeiten genutzt - oder den Rahmen des Gesetzes überschritten hat. Dafür wiederum sind Detailfragen zu erörtern wie die, ob der "Bayernkurier" eine Art Tochter der CSU ist oder ein wirtschaftlich eigenständiges Unternehmen, wie es in der Spendenquittung formuliert wurde, ob die Spenden in der richtigen Spalte im Rechenschaftsbericht verbucht wurden und ob auch steuerrechtlich alles seinen richtigen Weg gegangen ist.

1996 hatten Experten des Bundestages die CSU-Praxis für rechtens befunden. Die gleichen Experten prüfen jetzt noch mal, mit geschärftem Blick, ebenso wie die Staatsanwaltschaft. Das Ergebnis ist abzuwarten. Aber so viel lässt sich aus heutiger Sicht vorhersagen: Im schlimmsten Fall könnte es sich erweisen, dass die CSU ein an sich zulässiges Instrument unsauber eingesetzt hätte. Das kann dann teuer werden. Aber ein Spenden-Sumpf von den Ausmaßen der Kohlschen Schwarzen Kassen ist in München nicht erkennbar. Politisch ist der Vorgang für die CSU und für ihren Kanzlerkandidaten in spe Edmund Stoiber unangenehm. Mehr als das ist es vorläufig nicht.

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