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Meinung: Recht geht vor Nächstenliebe

Warum Familie Aydin abgeschoben werden muss

Die kritische Anfrage von Pater Klaus Mertes an die CDU (veröffentlicht im Tagesspiegel vom 8. Mai) muss ernst genommen werden. Darf die CDU das „C“ in ihrem Namen noch tragen, nachdem sie der Abschiebung der Familie Aydin zustimmt? Zwar hat Innensenator Ehrhart Körting (SPD) die Abschiebung verfügt, aber hätte die Union sie nicht aus christlicher Wertorientierung stoppen müssen?

Das ist eine schwere, eine sehr schwere Entscheidung. Für den Verzicht auf Abschiebung spricht, dass die Familie inzwischen seit 17 Jahren in Deutschland lebt und – nicht zuletzt die Kinder – hier hervorragend integriert sind. Aber die Familie war zu Unrecht hier, denn in Berlin wurde ihr Asylantrag zum wiederholten Mal abgelehnt. Sie hätten das Land schon längst verlassen müssen, schon nach der ersten Ablehnung. Stattdessen hat die Familie das Recht missbraucht, hat getäuscht, neue Anträge gestellt und verzögert. Die Rechtslage ist eindeutig.

Nun verlangt Pater Mertes von der Partei mit dem „C“ ethisches Handeln jenseits des Rechts. Ich kann sein Gefühl nachvollziehen. Muss es nicht eine Ausnahme von der Regel geben in diesem „Härtefall“? Fast ist es wie in der griechischen Tragödie. Denken wir nur an Sophokles’ Antigone, die „rein“ handeln will und Kreon, der demgegenüber das Anliegen des Staates durchsetzen muss. Verantwortliche Politik muss um die Tiefe solcher Konflikte wissen. Aber sie muss letztlich Entscheidungen treffen, die über die Bedeutung des Einzelfalls hinaus für das ganze Gemeinwesen tragen. Was wäre das Signal, wenn sich die dauernden Rechtsbrüche der Familie am Ende „auszahlen“ würden! Wie viele würden das nachahmen?

Gerade weil wir in Berlin weltoffen bleiben wollen, muss das Recht auch durchgesetzt werden! Toleranz und Recht sind keine Gegensätze, sondern zwei Seiten derselben Medaille. Christus liebt auch den Sünder. Aber die politische Ordnung muss den belangen, der die Gesetze übertritt. Die Liebe Gottes erträgt alles. Aber die politische Ordnung muss auf der Einordnung in weltliche Regeln bestehen. Unterlässt es die Politik, auf der Anwendung des Rechts zu bestehen, verspielt sie die Bereitschaft der Menschen, Flüchtlingen zu helfen und integrationsbereite Migranten willkommen zu heißen.

Der Autor ist Spitzenkandidat der CDU bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus.

Friedbert Pflüger

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