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Wahlkampf von NPD und AfD im sächsischen Freital.

© Reuters

Rechtsextremismus: Die AfD als Mittel gegen die NPD?

Was bringt die AfD? Immerhin hat sie die NPD aus einem Parlament gedrängt. Den rechten Rand zu bändigen, das sah einmal die Union als ihre Aufgabe. Inzwischen will sie sich nicht mehr die Hände schmutzig machen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Fabian Leber

Das Ergebnis der Sachsen-Wahl hat nebenbei in ein Dilemma geführt: Welchen Preis ist man bereit, dafür zu zahlen, dass die NPD nicht mehr in einem Landtag sitzt? Zehn Jahre lang durften die Neonazis ihre Parolen dort auf Staatskosten verbreiten. Zuletzt saßen acht NPD-Abgeordnete in dem modernen, verglasten Plenarsaal mit bestem Elbe-Blick. Sie genossen alle Parlamentarier-Privilegien, durften Mitarbeiter einstellen und Broschüren mit hetzerischem Inhalt drucken lassen.

Der NPD fehlt nun eine wichtige Kampfbasis

Rund 1,4 Millionen Euro an Steuergeldern flossen so jedes Jahr in die Taschen der Extremisten. „Einen erheblichen Teil ihres Einkommens spendeten die Abgeordneten zurück an die Partei und leiteten so Steuermittel direkt an die Parteistrukturen weiter“, heißt es auf der Anti-Neonazi-Seite „Der Störungsmelder“. Die Fraktion habe etwa 40 Mitarbeiter beschäftigt, „darunter zahlreiche Szenekader“.

Die sind nun erst einmal arbeitslos. Eine wichtige Kampfbasis fehlt, auch wenn die NPD in vielen sächsischen Kommunen erschreckend stark verankert bleibt. Nun mag der Abstieg der NPD viele Ursachen haben, der konsequente Kampf gegen Rechtsradikalismus, der Rückgang der Arbeitslosigkeit, die internen Querelen. Am Ende allerdings fehlten den Neonazis bloß 809 Stimmen, um es wieder ins Dresdner Parlament zu schaffen.

Die AfD wiederum konnte nicht nur 18.000 Wähler von der FDP und 15.000 von der Linkspartei gewinnen, sie zog auch 13.000 Wähler von der NPD ab. Ohne diese Wählerwanderung hätte die sächsische NPD am Ende rund 5,8 Prozent erzielt – und damit sogar um zwei Zehntel über ihrem Wahlergebnis von 2009 gelegen. Dementsprechend scharf hatten NPD- Funktionäre bereits im Wahlkampf gegen die neue Konkurrenz gewettert: Der NPD-Abgeordnete Jürgen Gansel bezeichnete die AfD als „Wurmfortsatz der deutschen Zuwanderungsparteien“, die „lediglich Protestwählerstimmen systemkonform neutralisieren“ solle. Sie nehme die „Verausländerung Deutschlands und Islamisierung Europas tatenlos hin“.

Franz Josef Strauß und sein Satz von der Aufgabe der CSU

Der Bonner Politikwissenschaftler Frank Decker hatte 2010 festgestellt, dass „rechtsextreme Einstellungen in der Gesellschaft tief verankert sind“, eine ältere Studie von 2006 beziffert das entsprechende Wählerpotenzial auf 8,6 Prozent. Wie umgehen damit? Am besten wäre es natürlich, wenn man diese Zahl auf null senken, die radikalen Ansichten aus den Köpfen drängen, die Menschen davon heilen könnte. Zu erreichen wird dies aber allenfalls als Fernziel sein. Auf kürzere Sicht muss es deshalb auch darum gehen, das entsprechende Potenzial in Schach zu halten, es in demokratische Prozesse einzubinden – und zu verhindern, dass dessen gewählte Vertreter auch noch auf Staatskosten ihr Unwesen treiben. Vermutlich nichts anderes hatte Franz Josef Strauß mit dem Satz gemeint: „Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben.“

Die Kraft von CDU und CSU, dieses Randmilieu zu bändigen, hat nachgelassen – und das passierte schon lange vor der Gründung der AfD. Völlig offen ist zurzeit, ob sie einmal das Strauß’sche Erbe des demokratiewahrenden Konservatismus antreten wird – oder selbst in der Randständigkeit endet. Viele in der Union sind froh, dass sie sich dort nicht mehr die Hände schmutzig machen müssen. Die Aufgabe aber bleibt.

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