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Meinung: Rechtsstreit um US-Präsidentschaft: Heute wird es ernst

Seit dem Wochenende gibt es kaum noch Zweifel daran, dass sich die USA im politischen Ausnahmezustand befinden. Das nunmehr seit über einem Monat anhaltende Wahl-Drama hat nicht nur die Polarisierung innerhalb der politischen Lager und der Bevölkerung verstärkt und dafür gesorgt, dass im Umgang miteinander mittlerweile Rücksicht und Mäßigung Fremdworte sind.

Seit dem Wochenende gibt es kaum noch Zweifel daran, dass sich die USA im politischen Ausnahmezustand befinden. Das nunmehr seit über einem Monat anhaltende Wahl-Drama hat nicht nur die Polarisierung innerhalb der politischen Lager und der Bevölkerung verstärkt und dafür gesorgt, dass im Umgang miteinander mittlerweile Rücksicht und Mäßigung Fremdworte sind. Die sich überschlagenden Enwicklungen tragen außerdem dazu bei, gerade jene Institutionen aus dem Gleichgewicht zu bringen, die sich in ihrer konfliktschlichtenden gesellschaftlichen Rolle bisher auch in Krisenzeiten bewährt hatten: Die Gerichte.

Die Art und Weise, in der Politiker beider großen Parteien in den letzten Tagen die Rechtsprechung attackiert haben, ist dabei beispiellos in der amerikanischen Geschichte - und bezeichnend für eine Eskalation, die zu einer bisher nicht erlebten Zerreissprobe zwischen Kongress und Justiz führen kann.

Die Frage "Bush oder Gore" kann heute das Oberste Verfassungsgericht in Washington entscheiden. Unter den erschwerenden Umständen, dass es nicht nur versuchen muss, die Mittlerrolle in einer gespaltenen Nation auszuüben. Es kommt etwas Zweites hinzu: Das höchste Gericht Floridas hat mit seinem umstrittenen Urteil für die Wiederaufnahme von Zählungen das Chaos noch vergrößert, weil es - durch die ungefragte Ausweitung der Zählbezirke und eine erneute Änderung der früher formulierten Regeln - neue Verfassungsfragen aufgeworfen hat. Gleichzeitig versäumte es, in der Debatte um die Bewertung unklarer Stimmzettel endlich eine einheitliche Vorgabe zu schaffen.

Deshalb war dieses Urteil - gegen die massiven Bedenken des Gerichtsvorsitzenden gefällt - auch eine indirekte Aufforderung an die Republikaner-Mehrheit im Parlament des Bundesstaates, nun zu forcieren, was den Konflikt unkontrollierbar machen könnte: Die Entsendung von eigenen Wahlmännern, um einen Sieg Bushs um jeden Preis sicherzustellen. Das höchste Gericht in Washington ist somit die letzte Instanz vor der großen Krise. Man möchte deshalb dem neunköpfigen Gremium die Kraft und den Mut wünschen, hier überzeugend und möglichst mit einer Stimme zu sprechen. Dies erscheint jedoch angesichts der politischen Trennlinie, die sich auch durch diese Kammer zieht, kaum wahrscheinlich.

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