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Meinung: Redeverbot für Möllemann: Schweigen ist gelb

Im Zentrum des Glaubens herrscht Schweigen. Das stumme Schwingen der Wahrheit, die vibrierende Wirkung des Unausprechbaren - das ist die Essenz.

Im Zentrum des Glaubens herrscht Schweigen. Das stumme Schwingen der Wahrheit, die vibrierende Wirkung des Unausprechbaren - das ist die Essenz. Denn wirklich glauben können wir nur an Dinge, die unser Denken und unsere Sprache übersteigen. Das wissen alle großen Weltreligionen, vom Christentum über den Buddhismus bis zum Neoliberalismus. Darum sollte es niemand falsch interpretieren, dass Jürgen W. Möllemann beim nächsten Drei-Königs-Treffen der FDP nicht reden darf. Und auch er selbst, der seiner Partei demnächst als Kanzlerkandidat dienen möchte, sollte sich nicht grämen. Im Gegenteil. Das ist seine Chance. Ihn, der sich immer um Kopf und Kragen geredet hat, wird das Schweigen stark machen. Er wird dasitzen, und seine Schnurrbarthaare werden vor geistiger Konzentration unmerklich zittern. Eine seltsam durchdringende Kraft wird von Jürgen W. Möllemann ausgehen, besonders von dem W. All seine Konkurrenten, die da reden dürfen - nein: müssen -, werden blechern wirken. Während der Kandidat die großen Glaubensformeln des Neoliberalismus schweigend denken und tief atmen wird: Der Staat ist unser Unglück / Der Einzelne ist das Ganze. Und vor allem: Der Westerwelle taugt nichts / Nur Ich bin gut. Ja, und am Ende werden die Delegierten aufstehen, geräuschlos klatschen und tonlos rufen: Jürgen, Jürgen, Jürgen! Nur die tumben Journalisten werden von Möllemanns Sieg wieder mal nichts mitbekommen.

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