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Meinung: Rentenreform: Bitte um einen mitfühlenden Konservatismus

Sozialminister Walter Riester darf sich schon mal freuen. Die Rentenreform, die ihn in den letzten 30 Monaten manche schlaflose Nacht gekostet haben dürfte, steht davor, die letzte gesetzliche Hürde zu passieren.

Sozialminister Walter Riester darf sich schon mal freuen. Die Rentenreform, die ihn in den letzten 30 Monaten manche schlaflose Nacht gekostet haben dürfte, steht davor, die letzte gesetzliche Hürde zu passieren.

Im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat haben Sozialdemokraten und Grüne es zwar bis zum Ende nicht geschafft, CDU, CSU und FDP davon zu überzeugen, Riester die Hand zur Zustimmung zu reichen. Aber die Mehrheit für dieses zentrale sozialpolitische Reformprojekt der rot-grünen Koalition ist doch so gut wie sicher. Die Landesregierungen, die von Großen Koalitionen regiert werden, werden zustimmen.

Damit wird die gesetzliche Rente um eine private oder betriebliche Zusatzversorgung im Alter ergänzt. Auch die Union will das. Warum sagt sie dann trotz all der Mängel im Detail, die sie zum Teil vielleicht sogar mit Recht beklagen mag, zum Gesamtpaket nicht endlich ja?

Sie möchte sich ein Thema für die Wahlkämpfe erhalten. Das ist reichlich kurzsichtig, denn jeder weiß, dass CDU und CSU im Grundsatz auch nichts anderes wollen als die Regierung. Die gesetzliche Rente allein reicht nicht aus, um auch in Zukunft die Altersversorgung umfassend zu sichern. Und, seien wir ehrlich, sie tut das für viele schon heute nicht mehr. Deswegen haben die Bürger ja vorgesorgt, und schon lange privat gehandelt, wenn sie dazu finanziell in der Lage waren.

Die Strategie, mit der Rente Wahlkämpfe zu führen, die sich mancher aus der Union als Revanche für den Rentenwahlkampf der SPD von 1998 ausmalen mag, wird darum nicht aufgehen. Jetzt geht es darum, aus den Angeboten zur privaten Vorsorge das auszuwählen, was wirklich sinnvoll ist. In den kommenden Jahren werden Milliarden Mark, beziehungsweise Euro, in zusätzliche, kapitalgedeckte, private Altersversorgung gehen. Das weckt natürlich Begehrlichkeiten. Die Bürger sollten genau hinschauen, wem sie ihr Geld anvertrauen. Es ist deswegen auch richtig, dass die Regierung Bedingungen an die staatliche Förderung der Privatrente knüpft.

Ganz ohne Bürokratie geht das nicht. Manchen bürokratischen Wildwuchs, den sich die Beamten im Finanz- und Sozialministerium ursprünglich ausgedacht hatten, hat die Regierung im Vermittlungsausschuss beseitigt. Auch deswegen sollte die Union überlegen, die Reform in der Länderkammer nicht länger zu blockieren.

Ob Walter Riesters Rechnung aufgeht, und auch die Familien, die nicht zu den Besserverdienenden gehören, privat für ihr Alter vorsorgen können, wird die Praxis in den nächsten Jahren weisen. Die Reform hat jedenfalls nur dann einen Sinn, wenn auch die weniger Betuchten sich die Privatrente leisten können. Eben deswegen gibt es staatliche Zuschüsse. Spätestens 2005 muss die Regierung dem Bundestag darüber berichten, ob das ausreicht, was sie plant. Auch das steht im Gesetz. Dann können Fehler korrigiert werden, die trotz der vielen Nachbesserungen in den vergangenen Monaten, noch nicht entdeckt oder stehengelassen wurden. Für die Ewigkeit war schließlich noch keine Rentenreform.

Das galt für die Versuche von Norbert Blüm ebenso, wie es für den Versuch von Walter Riester gilt. Anders als der Christdemokrat Blüm hat der Sozialdemokrat Riester den Versuch immerhin gewagt und die Altersvorsorge um ein privates Bein ergänzt. Das ist ohne Zweifel eine beachtliche Leistung. Und was noch fehlt, kommt eben bei der nächsten Rentenreform. 2004? 2006? Spätestens aber im Jahr 2008. Rentereformen sind nie wirklich vollendet.

Carsten Germis

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