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Meinung: Rentenreform: Der Minister? Er fliegt!

Reisen bildet, heißt es. Der Bildung sollen auch die drei Tage dienen, an denen der Sozialausschuss des Bundestages in dieser Woche im Berliner Reichstagsgebäude Sachverständige und Verbandsvertreter zur geplanten Rentenreform von Sozialminister Walter Riester (SPD) Stellung nehmen lässt.

Reisen bildet, heißt es. Der Bildung sollen auch die drei Tage dienen, an denen der Sozialausschuss des Bundestages in dieser Woche im Berliner Reichstagsgebäude Sachverständige und Verbandsvertreter zur geplanten Rentenreform von Sozialminister Walter Riester (SPD) Stellung nehmen lässt. Gerade weil die Bundesregierung dieses Gesetz mit Tempo bis Ende Januar durch den Bundestag bringen will, ist diese Anhörung wichtig. Schließlich ist es die letzte Möglichkeit, sachverständige Kritik an den Plänen der Regierung aufzunehmen und die eine oder andere Schwachstelle im Konzept des Sozialministers vielleicht doch noch zu beseitigen.

Doch während die Experten wesentliche Teile des umstrittenen Gesetzentwurfes in Grund und Boden verdammen, reist der Minister um die Welt. In Berlin geht es drei Tage lang um das wichtigste Projekt Riesters in dieser Wahlperiode, und ausgerechnet in dieser Zeit meint der Minister, nach Australien reisen zu müssen.

Wie gut, dass es noch die Abgeordneten der SPD-Fraktion gibt. Sie sind es jetzt, die hinter den Kulissen durchblicken lassen, dass eines der umstrittensten Details von Riesters Reform wohl bald fallen wird: der so genannte Ausgleichsfaktor, ein Kürzungsfaktor, der vor allem die jüngere Generation belastet, wird die Anhörung wohl nicht lange überleben. Der DGB hat gemeinsam mit ein paar sozialdemokratischen Abgeordneten bereits Alternativen durchgerechnet. Spätestens Mitte Januar, wenn die rot-grüne Koalition die entscheidenden Beratungen der Reform im Sozialausschuss vorbereitet, wird klar sein, wie die Alternativen aussehen werden.

Riester scheint das alles nicht zu kratzen. Nur so lässt sich seine Abwesenheit in diesen Tagen erklären. Das könnte man als Zeichen von Stärke auslegen, wenn sich Minister und Koalition ihrer Sache sicher wären. Sind sie aber nicht. Selten ist ein Reformkonzept bei den Expertenanhörungen so einhellig auf Kritik gestoßen. Selten war so deutlich, dass ein bereits mehrfach veränderter Gesetzentwurf in entscheidenden Bereichen noch einmal grundlegend geändert werden muss. Es wäre an Riester, diesen Prozess auch öffentlich sichtbar zu gestalten. Oder vielleicht ist es gar nicht mehr Riester, der die neue Formel am Ende in den überarbeiteten Gesetzentwurf hineinschreiben wird? Dann wäre es nicht schlimm, wenn er in dieser Woche den Sommer in Australien genießt.

Carsten Germis

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