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Retro-TV: Das war mal spitze

Von „Dalli Dalli“ bis „Dallas“: Das Fernsehen versucht die Reproduzierung von Glück.

Der Zuschauer schwankt. Soll er Kai Pflaume die Daumen drücken oder selbige senken? Pflaume übernimmt am heutigen Samstag im NDR-Fernsehen den nicht einfachen Versuch, die Spielshow „Dalli Dalli“ zu neuem Fernsehleben zu erwecken. „Dalli Dalli“, das war der ZDF-Triumph des legendären Showmasters Hans Rosenthal von 1971 bis 1987. Mitte der 90er Jahre glaubte das ZDF, dass ein Revival mit Andreas Türck klappen könnte. Ein böser Irrtum, nach kaum einem Jahr war Schluss.

Die Fernsehgeschichte erzählt zwei Versionen, was die Neuauflage von Zuschauererfolgen angeht. Einmal die Erfolgsgeschichte: „Was bin ich?“ von WelchesSchweinderl-hätten’s-denn-gernRobert-Lembke wurde nach dessen Tod von Sat 1, dann wieder von der ARD – „Ja oder Nein“ mit Joachim Fuchsberger – und schließlich in zwölf Staffeln vom Privatsender Kabel Eins variiert. Das Gegenteil, den Misserfolg gibt es auch, siehe „Einer wird gewinnen“ mit Hans-Joachim Kulenkampff, jenen Klassiker, mit dem ein gewisser Jörg Kachelmann 1998 nach nur drei Folgen grandios scheiterte.

Für beide Versionen gilt: Das Revival lebt, ja, es ist munterer denn je. Der US-Fernsehsender TNT will neue „Dallas“-Folgen drehen, wieder mit Larry Hagman als Bösewicht J.R. Ewing, Linda Gray als Ehefrau Sue Ellen und Patrick Duffy als gutherzigem Bruder Bobby Ewing. Hagman ist 79, Gray 70 und Duffy 67, das läuft auf fieses Rentner-Fernsehen hinaus. Good luck.

Im Retro-TV steckt die feste Hoffnung, dass ein überragender Erfolg auch ein überzeitlicher sein kann. Dieser Optimismus übersieht, wie sehr ein „Quotenbringer“ immer auch zeit- und personengebunden ist. Die Show, die Serie, sie müssen sich mit der grassierenden Mentalität bestens verstehen. Wer, nur zum Beispiel, „Dallas“ oder „Dalli Dalli“ konsequent eingeschaltet, zum Fixpunkt seines Fernsehkonsums gemacht hatte, der wird bei der Neuauflage stets an jene, nämlich seine bewegenden und beglückenden Zuschaumomente erinnert.

Glück aber widersetzt sich seiner Vervielfältigung, selbst im Zeitalter seiner audiovisuellen Reproduzierbarkeit. „Was bin ich?“ war von 1955 bis 2005 auf dem Bildschirm, doch mit jedem Revival wurden Quoten und Publikum kleiner. Die alten Zuschauer wollten nicht länger, zu sehr viel neuen reichte die Anziehungskraft nicht mehr.

Erfolg hin, Misserfolg her, in jedem Revival stecken auch Hilflosigkeit wie Hoffnung der Fernsehmacher. Mehr, immer mehr Programme mit 24-Stunden-Betrieb brauchen kreative Impulse. Es gibt eindeutig mehr Fernsehen als Ideen fürs Fernsehen, da ist jeder Rückgriff ein willkommener Haltegriff. Und eine brandneue Sendung kann so grandios floppen wie die x-te Neuauflage. Fernseherfolg ist, trotz aller aufwendigen Publikumsforschung, bei Show und Serie nicht planbar.

Das Revival ist eine Mutprobe der Programmdesigner mit vollkommen ungewissem Ausgang darüber, ob der Zuschauer sich darauf einlassen will. Von „Dalli Dalli“-Rufen lässt der sich überhaupt nicht beeindrucken.

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