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Roland Jahn:: „An authentischem Ort“

Diese Idee ist buchstäblich reizvoll. Denn damit reizt Roland Jahn, der Herr über die Stasi-Akten, auch seine Gegner. Ein Porträt.

Von Matthias Schlegel

Der Gedanke erscheint einleuchtend: Die Behörde, die die Akten des repressiven DDR-Geheimdienstes verwaltet und aufarbeitet und derzeit nahe dem Alexanderplatz residiert, zieht dorthin, wo Stasi-Chef Erich Mielke einst seinen Horch- und Guck-Apparat befehligte. Am authentischen Ort wird die Geschichte der Diktatur in ihr Gegenteil gewendet: Am „Campus der Demokratie“ können sich nachfolgende Generationen mit den Lehren aus den düsteren Zeiten dieses Areals vertraut machen, wo dann die verschiedensten Aufarbeitungsinitiativen versammelt sind. Und die kilometerlangen Stasiakten-Bestände lagern ja ohnehin schon in den Gebäuden an der Normannen- und Ruschestraße in Lichtenberg.

Diese Idee, die der Bundesbeauftragte für die Stasiunterlagen, Roland Jahn, derzeit ausbreitet, ist buchstäblich reizvoll: Sie reizt nämlich jene, die dem einst gewaltsam aus der DDR abgeschobenen Dissidenten und späteren Journalisten ohnehin kritisch gegenüberstehen. Seit Jahn bei seinem Amtsantritt Anfang 2011 beträchtliche Unruhe mit der Ankündigung auslöste, die noch in der Behörde tätigen ehemaligen Stasimitarbeiter loswerden zu wollen, sieht sich der 59-Jährige mit einer Gegnerschaft konfrontiert, der pikanterweise auch der vor drei Monaten wiedergewählte Vorsitzende des Beirats der Stasiunterlagenbehörde, Richard Schröder, angehört.

Freilich greift es ein wenig kurz, dem aus dem thüringischen Jena stammenden Behördenchef zu unterstellen, er wolle mit seinem Plan nur der Behörde das Überleben sichern – und sich selbst den Posten an der Spitze, mag der eine oder andere hinzudenken. In der Tat läuft die öffentliche Debatte seit langem darauf hinaus, dass die Stasiakten bis 2019 vom Bundesarchiv übernommen werden und die Behörde abgewickelt wird.

Andererseits ergreift hier Jahn einfach nur die Initiative, zu der sich andere, die dafür verantwortlich wären, nicht durchringen können. Vollmundig hatte Schwarz- Gelb verkündet, eine Expertenkommission werde in dieser Legislaturperiode über die Zukunft der Akten und der Behörde entscheiden. Geschehen ist – nichts. Das Haus I in der Normannenstraße wurde aufwendig mit Bundesmitteln saniert, die Perspektive ist ungewiss. Jahn suchte und fand in Koalitionskreisen tatkräftige ostdeutsche Bundestagsabgeordnete, die Nägel mit Köpfen machten: Ihnen gelang es, den „Campus für Demokratie“ im Haushaltsentwurf für 2013 unterzubringen. Matthias Schlegel

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