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Foto: BBC News

© Photograph: BBC News/PA

Rufmordopfer der BBC: „Das trifft die Seele“

Alistair McAlpine war Schatzmeister der Tories unter Thatcher. Dann machte ihn die BBC fälschlicherweise zum Kinderschänder. Ein Porträt

Vergangene Woche flüchtete „il Lord“, wie ihn seine Nachbarn in Apulien nennen, vor Journalisten, die den vermeintlichen Kinderschänder in seiner Pensionärsidylle ausfindig gemacht hatten. Gebrechlich, heiser, schlechtes Herz, aber mit Mütze und karierter Tweedjacke war Robert Alistair McAlpine unverkennbar ein englischer Lord.

Gestern rechnete er in London ab. Während sein Rechtsanwalt und die BBC letzte Hand an die Entschädigung legten, die Lord McAlpine für Ehrabschneidung in einem Fernsehprogramm erhält, berichtete er in der BBC Mittagssendung, wie es ist, wenn man plötzlich schuldlos als Figur des öffentlichen Hasses vor der Welt steht. „Entsetzlich. Es geht einem in die Knochen, es macht einen wütend, es trifft die Seele.“

Doch Wut ist ungesund, weiß der herzkranke Lord. Er bleibt zivilisiert und höflich. Er weiß auch, dass die Abfindung aus den Taschen der Rundfunkgebührenzahler kommt und nicht von denen bezahlt wird, die diese Programme und falschen Anschuldigungen machten und nicht einmal bei ihm nachfragten. „Mit einem Anruf hätten sie sich eine Menge Ärger – und Geld sparen können.“

Wenn alles mit rechten Dingen zugegangen wäre, hätte man von Lord McAlpine nicht mehr viel gehört. Mit 32 wurde der Enkel eines Baulöwen Schatzmeister von Margaret Thatchers Partei. Die Premierministerin hatte den wegen Dyslexie ohne Abschluss von der Schule gegangenen Bauinvestor bei einem Dinner kennengelernt, und man verstand sich auf Anhieb. Eine Woche später war er im Amt – für 15 Jahre. Thatchers Sturz durch die eigene Partei verschmerzte er nie. Er brach mit ihr, schrieb ein Buch darüber und zog sich zurück. Nun betreibt er mit seiner Frau eine Frühstückspension für reiche Engländer in einem ehemaligen Nonnenkloster. Anmeldung per Mobiltelefon. Fernsehen, Zeitungen, Internet gibt es nicht.

Umso größer die Wucht, mit der ihn die falsche Anschuldigung traf. Frühere gelegentliche Gerüchte habe er ignorieren können. Aber die BBC sei etwas anderes. Die Leute sagen, „kein Rauch ohne Feuer“, weiß er. Der Schaden könne nie mehr wieder gut gemacht werden. Auch die Entschädigung sei nur eine Warnung, es nie wieder zu tun. Und McAlpines Rechtsanwalt ergänzt mit Blick auf Hunderte, die McAlpines Namen über Twitter verbreiteten: „Wir wissen, wer ihr seid.“ Am billigsten sei, sich schnell zu melden. Matthias Thibaut

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